Ralph Gibson. Secret of Light in München

Fotografien sind Momentaufnahmen und lassen eingefangene Momente nahezu unsterblich werden. Die zeitlosen Fotografien des 1939 in Los Angeles geborenen Ralph Gibson lassen Einblicke in vergangene Zeiten zu, sind oftmals jedoch trügerische und raffinierte Fragmente der Wirklichkeit. Gibson gehört zu den prägenden Figuren der internationalen Fotografie. In führenden großen Museen der Welt werden seine Fotografien gezeigt und gesammelt wie in den Sammlungen des Museums of Modern Art in New York und dem J.P. Getty Museum in Los Angeles.

Nun sind seine Werke anhand ausgesuchter Serien im Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung in einer retrospektiv angelegten Ausstellung SECRET OF LIGHT zu sehen. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des Werkes von Ralph Gibson seit den 1960er Jahren bis in die Gegenwart. Sie wurde in direkter Zusammenarbeit mit dem Künstler entwickelt und ist die bisher umfangreichste Schau des Fotografen. Insgesamt werden 260 schwarzweiße und farbige, analog und digital entstandene Arbeiten aus dem privaten Bestand des Künstlers zusammengestellt.

Zusätzlich bereichert wird diese Auswahl durch rund 70 Arbeiten, die der Sammler F.C. Gundlach im Zuge seiner Zusammenarbeit mit Ralph Gibson zu Beginn der 1980er Jahre für seine private fotografische Sammlung erwarb, die als Dauerleihgabe am Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen untergebracht ist.

Ralph Gibson spielt mit dem Licht

Gibson interessiert sich nicht für die fotografische Dokumentation der Realität, er begreift die Fotografie selbst als ästhetische Realität. Ein Leitmotiv seiner Arbeiten ergibt sich dabei aus der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs der Fotografie – dem Zeichnen mit Licht. Gibson benötigt das Licht nicht nur als materielle Voraussetzung für die Entstehung einer jeder seiner Fotografien, er untersucht es, er spielt und gestaltet mit Licht, gleichzeitig gestaltet er genauso mit seinem Widerpart, dem Schatten. Gibson erhebt somit das Licht selbst zum Thema seines OEuvres.

Neben der stark abstrahierenden Wirkung der Schwarzweißkontraste spielt der genaue Bildausschnitt, den Gibson während der Aufnahme mittels der Kameraoptik komponiert, eine zentrale Rolle. Gibson selektiert sorgfältig, so dass seine Arbeiten im Ergebnis rätselhafte Fragmente der Wirklichkeit präsentieren. Zwischen den expressiven schwarzweißen Kontrasten, die bis in das grobe Korn der Abzüge zurückzuverfolgen sind, und auch bei den subtilen farbigen Motiven bewegen sich seine Kompositionen in Richtung einer eigenwilligen grafischen Makellosigkeit und delikaten Schönheit höchster Vollkommenheit.

Ist es möglich, die Bilder aufgrund ihrer grafischen Raffinesse zunächst trügerisch rasch zu erfassen, entziehen sie sich dennoch hartnäckig dem Leseprozess konkreter Verortung und ziehen sich ins Vieldeutige oft surrealer und rätselhaft verbleibender Traumsequenzen zurück.

Das seltsame Eigenleben seiner zeitlosen Fotografien, von Gibson raffiniert intendiert und gestalterisch geschickt unterstützt, entfaltet seine geheimnisvolle und magische Wirkung dann vollends, wenn es sich nachhaltig auf das Innere des Betrachters überträgt und dort weiterwirkt.

Ralph Gibson. Secret of Light

13.09. – 26.11.2023
Versicherungskammer Kulturstiftung
Maximilianstr. 53
80538 München

Titelbild: Ralph Gibson, aus der Serie The Somnambulist, 1970 © Ralph Gibson

Standardbild
Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
Artikel: 3385

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.