In the Blink of an Eye von Jo Callaghan

Nicht selten wünschen sich Menschen, ihre Arbeit ganz ohne Emotionen, nur rationell und fehlerfrei erledigen zu können, so wie ein Roboter. Gilt das auch, wenn es um Verbrechen wie Entführung und Mord geht? Ist es da nicht zwingend notwendig, auch seinem Bauchgefühl ein Mitspracherecht zu gewähren?

Zumindest die verwitwete Ermittlerin Kat geht davon aus, dass ihre Erfolge während ihrer 25-jährigen Arbeit einen großen Anteil daran haben. Und nun wird ihr von ihrem Chef empfohlen, bei einem Pilotprojekt mitzuarbeiten, das ihr eine künstliche Intelligenz an die Seite stellt. Seit der Krebsdiagnose ihres vor einiger Zeit verstorbenen Mannes ist sie sehr skeptisch, wenn es um KI geht. Ihr Bauchgefühl rät ihr dazu, weiter auf der Hut zu sein und lieber ihren Instinkten zu vertrauen.

Letzlich bleibt ihr keine Wahl. Kat nimmt den Job an und schon zeigt sich die KI von ihrer schönsten Seite in Form eines männlichen, attraktiven Hologramms, das so echt aussieht, dass ihr fast der Atem stockt. Ebenso sehr ist sie von der Turbo-Geschwindigkeit seiner Analysen jeglicher Art fasziniert. In zwei Sekunden sammelt er relevante Informationen und führt Analysen und Bildvergleiche durch, wofür menschliche Kolleg*innen Monate bräuchten. Doch was nützen Wahrscheinlichkeiten, Fakten und glasklare Logik, wenn die Motive, das Warum, nicht berücksichtigt wird?

Künstliche Intelligenz, Mensch oder beides?

Die nüchternen Datenanalysen des KI-Ermittler Locks kollidieren deshalb zunächst schwer mit Kats intuitivem Vorgehen. Erst mit der Zeit und als alle ihre Annahmen über Verbindungen zwischen Vermisstenfällen der beiden jungen Männer Will Robinson und Tyron Walters, die beide auf unerklärliche Weise verschwanden, von ihr und Lock gleichermaßen gesehen werden, entsteht eine wirkliche Zusammenarbeit zwischen ihnen. Doch viel Zeit haben sie nicht mehr, denn zu den Cold Cases ist ein ganz emotionaler und neuer Fall hinzugekommen, der Kat wirklich aus der Bahn wirft. Ihr Sohn Cam wird seit 24 Stunden vermisst ….

KI-Technologien sind längst in unserem Alltag gelandet, zuletzt ChatGPT. Doch wie sieht eine direkte Zusammenarbeit zwischen Mensch und künstlichen, intelligenten und lernbasierten Systemen aus? Künstliche Intelligenz einzusetzen ist am Anfang für die Menschen hilfreich, doch was passiert, wenn sie auch emotional dazulernt, denn so ist sie programmiert. Der Roman wirft die Frage auf, was den Menschen dann noch ausmacht. „In the Blink of an Eye“ hat alles, was einen guten Thriller auszeichnet: Er ist spannend, intelligent und auch berührend, liefert also allerbeste Unterhaltung.

Übersetzt von: Sabine Thiele
448 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06334-0
Verlag: Piper

Jo Callaghan arbeitet hauptberuflich als leitende Unternehmensstrategin und hat die zukünftigen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und Genforschung auf die Arbeitswelt erforscht. Nachdem sie ihren Mann 2019 an Krebs verlor, begann sie an ihrem Kriminalroman-Debüt zu schreiben. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in den Midlands und arbeitet derzeit am zweiten Band der Reihe.

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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