John Irving – DER LETZTE SESSELLIFT

Der 15. Roman von John Irving beginnt im Jahre 1940 und reicht bis in die Gegenwart. Der Protagonist Adam ist Sohn der alleinstehenden Rachel Brewster, die jedoch von allen Little Ray genannt wird. Nachdem sie ihre missglückte Karriere als Slalomläuferin an den nationalen Abfahrts- und Slalommeisterschaften beendet hat, arbeitet sie als Skilehrerin. Während der Saison, die etwa ein halbes Jahr dauert, ist sie in Aspen. Deswegen wird Adam von der Großmutter erzogen, die ihm den Roman Moby-Dick von Herman Melville vorliest und das in einem Zeitraum von drei Jahren. Zudem der Großvater, den jedoch bald das große Vergessen in Form einer Demenz trifft, nachdem er bereits das Sprechen aufgegeben hatte.

Adam und auch seine Mutter Rachel sind von kleiner Statur, doch sehr attraktiv. Wer Adams Vater ist, bleibt zunächst unklar und Adam fragt auch nicht danach. Als ihm der kleine Englischlehrer und Schneeschuhläufer Elliot Barlow über den Weg läuft, ist er wie befreit. Denn nun hat er eine Sportart gefunden, die er mag. Zugleich eine Person, die eine Vaterfigur werden könnte. Und tatsächlich wird Elliot Barlow wenig später Little Rays Ehemann. Die lebt jedoch während der Saison von Elliot getrennt und mit Molly zusammen, mit der sie mehr als eine Freundschaft verbindet.

Noch mehr Charaktere bevölkern den Roman. Da ist die Cousine Nora, die Adam familiäre Geheimnisse und Geschichten erzählt, die jedoch nicht dazu beitragen, dass der von pubertären Fantasien Geplagte, lange an nichts anderes denken kann als an Sex und was damit zusammenhängt. Noras Freundin, ist die nie sprechende Em. Bei ihren sensationellen Orgasmen lässt sie dafür umso lauter ihre Stimmer hören. Zudem leidet Adam darunter, dass er Gespenster sieht, besonders und vor allen seinen Großvater in Windeln. Als er spät in seinem Leben endlich eine Frau findet und von der Existenz seines leiblichen Vaters erfährt, könnte alles nur besser werden.

Eine Familiengeschichte über mehrere Generationen, die vielfältig und komplex ist. Deren Familienmitglieder liebevoll und mit Humor beschrieben werden und alles andere als gewöhnlich sind: Lesbische Frauen, die dennoch Männer lieben, ein kleiner Mann, der zu einer Frau wird und an erster Stelle Adam, der sehr früh bemerkt, dass er schriftstellerisches Talent besitzt. Autobiografisches liegt dem facettenreichen Roman sicherlich zugrunde.

Mitreißend, tiefgründig und mit filmreifen Szenenbeschreibungen, die sich um Themen wie unkonventionelle Liebe, Altern, Erinnerung und Sterben drehen, machen den mit 1080 Seiten umfangreichen Roman „Der letzte Sessellift“ des bedeutenden Schriftstellers der Gegenwart zu einem berührenden und bedeutenden literarischen Vermächtnis. Ein Mikrokosmos der offenbart, dass Toleranz und Empathie Menschen das sein lässt, was sie sein wollen. Am Ende des Romans lässt John Irving seine Protagonisten sagen, die beide SchriftstellerInnen sind ……“Schriftsteller können nicht aufhören zu schreiben“ und einer/e wird den letzten Satz des anderen/der anderen vervollständigen…“

John Irving – Der letzte Sessellift
Aus dem amerikanischen von Ann-Nina Kroll und Peter Torberg

Verlag: Diogenes
978-3-257-07222-8

John Irving, geboren 1942 in Exeter, New Hampshire, lebt in Toronto und ist einer der begnadetsten Autoren Nordamerikas. Seine bisher 14 Romane wurden alle Weltbestseller, vier davon verfilmt. 2000 erhielt er einen Oscar für die beste Drehbuchadaption für die Verfilmung seines Romans ›Gottes Werk und Teufels Beitrag‹.

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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