In den DIRECTOR‘S NOTE schreibt der Regisseur Matthias Glasner über seinen Film Sterben: „Es ist ein Experiment: Ist es möglich, einen Film als eine Annäherung an sich selbst zu machen, gegen alle dramaturgischen Regeln? Einen Film, der kein „Produkt“, kein „Content“ sein will? Einen Film, der sich selbst nicht kennt, der aus reiner Atmosphäre besteht, der im Ungefähren verharrt? Der nichts beweisen, nicht mal behaupten möchte.“
Sterben ist so ein Film, der aus der ungefähren Sehnsucht und Annäherung an das Leben zu begreifen ist, wenn Menschen geboren werden oder sterben. Der Rhythmus des Lebens, mit dem wir uns oftmals dennoch nicht anfreunden können. Mit dem ausgezeichneten Film Sterben von Matthias Glasner jedoch schon.
Sterben erzählt aus dem Leben der Familie Lunies, die sich längst nur auf dem Papier als eine versteht. Lissy Lunie, herausragend gespielt von Corinna Harfouch, ist schwer krank. Ihr Mann ist dement und abgesehen von einigen lichten Momenten gleitet er in nicht nachvollziehbare Zeitlosigkeit hinüber. Als er stirbt, wird auch Lissys Leben nicht mehr lange dauern.
Sie sieht ihren Sohn, den Dirigenten Tom Lunies, intensiv und überzeugend von LARS EIDINGER gespielt, nur selten. Er ist mit dem Musikwerk seines depressiven und besten Freundes Bernard (ROBERT GWISDEK) beschäftigt. Dessen Komposition heißt „Sterben“. Gleichzeitig sieht sich Tom am entgegengesetzten Punkt eines Lebens stehen, als er seiner Ex-Frau Liv (Anna Bederke) im Kreißsaal beisteht, die ein Kind von einem anderen bekommt. Es hätte von ihm sein können.
Auch die Tochter Ellen (LILITH STANGENBERG) lässt sich nicht oft bei ihrer Mutter sehen. Sie hat unzählige Liebesgeschichten. Eine neue Verbindung geht sie mit dem verheirateten Zahnarzt Sebastian (RONALD ZEHRFELD) ein. Doch weder sie noch er wissen wirklich, was sie miteinander verbindet, Liebe oder der Alkohol. Ellen will nicht angepasst leben, sondern sich dem Rausch des Lebens hingeben. Koste es, was es wolle.
Die Fülle des Lebens, seine Unberechenbarkeit, das Streben nach Glück und Sichtbarkeit, die Sehnsucht nach Liebe – im Film STERBEN wird die Intensität des Lebens thematisiert, die besonders deutlich wird angesichts des Todes. Dem Regisseur gelingt eine filmische Meisterleistung, tiefgründig erzählt und ohne pathetisch zu werden. Ein Film, der auch wegen der brillanten Darstellungskraft seiner Schauspieler unbedingt sehenswert ist.