INTERVIEW: Yael Naim – David Donatien

Am 6.Mai 2015 trafen wir Yael Naim und David Donatien zu einem Interview in Berlin. Am Abend zuvor hatten sie ein tolles Konzert in der Kantine am Berghain gegeben. Das Album „Older“ von Yal Naim erscheint am 12.6.2015. David ist an Komposition von vier Chansons auf dem Album beteiligt.

DKB: Was inspiriert Sie am meisten, wenn sie Musik schreiben? Ihre Umgebung, Ihre Erinnerungen und Gedanken oder Ihre Gefühle?

Yael: Ich glaube, dass ist ganz unterschiedlich. Grundsätzlich ist es aber das, was in meinem oder besser gesagt in unserem Leben passiert, was mich stark inspiriert. Aber natürlich spielt die Musik auch eine große Rolle. Es gibt ja so viele verschiedene Arten von Musik, die praktisch unendliche Möglichkeiten sich inspirieren zu lassen, bieten. Inspiration schaffen. Also ich denke, bei mir ist es die Liebe zu und das Erschaffen neuer Musik. Alle Emotionen, die in unserem Leben geschehen, kommen da zusammen und sind wichtig.

DKB: Wenn Sie einen Song schreiben, was ist zuerst bei Ihnen da, der Text oder die Musik?

Yael: Eigentlich geschieht es fast gleichzeitig, wenn wir schreiben, entweder als Team gemeinsam oder auch jeder für sich. Die Musik, die Melodie, ist sofort da und auch die ersten Zeile des Textes oder der Refrain. Aber es braucht seine Zeit, bis die Arrangements stehen, der Song fertig ist und aufgenommen wird. Manchmal ein oder sogar zwei Jahre. Das ist ziemliche lange, aber das Komponieren selbst, das dauert nicht so lange.

DKB: Sie spielen Gitarre und Klavier. Welches Instrument benutzen Sie, wenn Sie ein neues Stück schreiben, oder arbeiten Sie es gemeinsam aus?

David: Kann passieren. Wenn wir gemeinsam schreiben, also wir haben so eine kleine Orgel. Das ist so eine Art Minimoog aus den 70-ziger Jahren. Damit arbeiten wir oft. Aber es hängt auch davon ab, welche Instrumente dabei sind. Wenn wir zusammen schreiben, brauchen wir für die einzelnen Teile unterschiedliche Instrumente. Es ist also nicht so, dass alles am Klavier entsteht.

Yael: Ja, wenn ich allein arbeite, ist es manchmal das Klavier, bei anderen Gelegenheiten ist es die Gitarre.

DKB: Was war das wichtigste Ereignis in Ihrer musikalischen Karriere?

David: Also, das ist für mich ganz einfach. Das was der Augenblick, als ich Yael kennenlernte (lacht).

Yael: Ja, das stimmt. Alles, was jetzt geschieht, passiert nur, weil wir uns kennengelernt haben. Wir haben uns gegenseitig so inspiriert, dass dies einen Unterschied machte. Die Musik, die wir früher gemacht haben, jeder für sich also ist nicht dieselbe, die wir machen, seit wir uns kennen.

David: Bevor wir uns trafen, glaubten wir, musikalisch- technisch schon alles gelernt zu haben. Doch seit wir zusammen sind, arbeiten wir als Team. Wir schreiben unsere Songs gemeinsam. Machen unsere gemeinsamen Projekte. Vorher war das alles so ein bisschen wie in der Schule. Richtig los ging es, seit wir uns kennen.

DKB: Sprechen wir mal über Ihre musikalischen Einflüsse. Ich habe gelesen, Yael, Sie mögen die Beatles. Was ist denn Ihr Lieblingssong der Fab Four?

Yael: Ja, das stimmt. Was mir an den Beatles so gut gefällt, das sind ihre tollen Kompositionen und ihre große Kreativität. Die Songs sind klar arrangiert und verfügen über schöne eingängige gute Melodielinien. Als ich zwölf war, fand ich “Let t be” ganz toll. Später gefielen mir dann Songs wie das magische “Because” oder das geheimnisvolle “Strawberry Fields”. Das sind einfach ganz tolle Stücke.

DKB: David, ich habe gesehen, dass Sie ein Schlagzeug der Marke Ludwig spielen. Das ist ja nebenbei gesagt das Schlagzeug, das Ringo Starr, der Schlagzeuger der Beatles, gespielt hat. Hat der Sie vielleicht zu Ihrem Schlagzeugspiel inspiriert?

David: Oh, nein. Ich habe die Beatles erst sehr viel später kennengelernt. Mir gefällt schwarze Musik, also der Soul und die Musik der Karibik. Aber Yael hat schon recht. Wenn man ihre Musik hört, das ist einfach unglaublich.

DKB: Yael, Sie haben eine tolle Stimme, die das Publikum einfach mitreißt, wie man es ja beim Konzert in der Kantine am Berghain erleben konnte. Muss man als Sänger bzw. Sängerin eigentlich ständig singen oder spezielle Gesangsübungen machen, um die Performance als Vokalistin zu optimieren?

Yael: Kommt drauf an. Ich habe Klavier, nicht Gesang studiert. Aber ich singe dauernd. Das ist kein Üben, aber ich singe einfach die ganze Zeit. Natürlich hängt es auch davon ab, ob wir gerade etwas schreiben. Wenn ich komponiere, arbeite ich nicht an meiner Stimme. Also, ich würde sagen, ich halte es nicht für notwendig.

David: Manchmal ist es auch so, dass die gute Stimme in deinem Kopf ist , um das zu realisieren, wonach du suchst.

DKB: Ihr Lebenspartner ist ja gleichzeitig auch Ihr Geschäftspartner. Hat dies Ihre Art, Musik zu machen oder Ihre Songs zu schreiben in irgendeiner Weise verändert?

David: Na ja, wir haben ja musikalisch völlig verschiedene Hintergründe. Bei Yael waren es die Beatles, der Mainstream, dann eben auch klassische Musik. Ich komme da eher vom Reggae und Jazz her. Am Anfang war das schon ein bisschen schwierig, aber nicht allzu sehr. Manchmal, wenn ich mein Ding machte, war das für sie ganz schön schwierig zu packen ebenso, wie es für mich nicht einfach war, wenn sie ihre Musik machte. Bei Yael sind die Songs  ja eher ruhig und sanft, etwas was ich gar nicht gewohnt war. Aber was viel, viel wichtiger als diese musikalischen Differenzen ist, ist eben die Tatsache, dass wir wirklich so viel voneinander gelernt haben und zusammen gewachsen sind. Das ist das große Glück, das wir gehabt haben.

DKB: Ist Paris eigentlich der Ort, wo Sie gerne leben oder gibt es vielleicht noch andere Städte oder Orte, die Sie bevorzugen?

David: Mein Vater stammt aus Martinique. Ich liebe dieses Land, bin mir aber nicht sicher, ob ich da gerne leben möchte. Manchmal fahre ich dahin, um meiner Familie nahe zu sein. Aber dort wirklich leben? Ich glaube nicht. Für uns, d.h. für Yael und mich, ist Paris die Stadt, wo wir unsere Musik machen. Paris, das ist ein kultureller Mix. Bei Yael ist das ein bisschen ähnlich. Sie stammt aus Tunesien, hat aber lange in Israel gelebt. Ich bin eine Mischung aus Frankreich und
Martinique. Aber wenn Sie mich nach Orten fragen, wo ich gerne leben würde, dann ist das für mich Brasilien.

Yael: Ja, bei mir ist das auch so. Ich würde gerne nach Israel gehen, aber im Augenblick lieber nicht. Obwohl ich schon oft da war. Aber ich lebe und arbeite nun einmal in Paris. Ich glaube, das ist eine gute Balance.

DKB:  Ihr letztes Album war ja sehr erfolgreich. Fühlen Sie sich da unter Druck, dass das neue Album besser als das davor werden muss und wenn ja, wie gehen Sie damit um?

Yael: Auf dem letzten Album gibt es acht Balladen in hebräischer Sprache. Wir glaubten zuerst nicht, dass das Album ein Erfolg werden würde. Wir haben noch nicht einmal geglaubt, dass es herauskommen würde. Und dann hatten wir trotzdem diesen Riesenerfolg. Unbeschreiblich. Es ging alles so unglaublich schnell. Aber wir haben nie vergessen, dass wir so etwas einfach nicht erwarten können. Für uns bleibt das etwas, das wir nicht wirklich kontrollieren können. Was wir aber können ist, uns in Erinnerung zu rufen, dass es uns frei steht, die Musik zu machen, die uns gefällt, ohne danach zu schielen, wie der Markt wohl reagieren wird. Und das ist schon ganz schön schwer, das durchzuziehen. Jahrelang genau die Musik zu machen, die einem gefällt. Doch genau das ist uns wichtig.

DKB: Einige Ihrer Songs scheinen mir ziemlich persönlich zu sein. Da gab es z.B. im Konzert diesen Song über Ihren Vater.

Yael: Der ist aber nicht auf dem neuen Album. Für mich ist das ein ganz wichtiges Lied. Allerdings ist der Song, den ich geschrieben habe, nicht über meinen Vater. Es geht vielmehr um jemanden aus meiner Familie, der seinen Vater verloren hat, als er noch sehr jung war. Es handelt sich um meinen Cousin, der mir sehr nahe steht. Für mich war er wie ein Bruder. Die Botschaft dieses Liedes ist mir
wohl aus dem Unbewussten geradewegs in den Sinn gekommen.

DKB: Yael und David, vielen Dank für das Interview. Alles gute für Ihr neues Album und für Ihre Tournee.

Mit diesem Song ist Yael einem noch größeren Publikum bekannt geworden. Das neue Album Older  kommt am 12.06.2015 heraus

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Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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