Am 10. Januar 2022 jährte sich der Geburtstag von Annette von Droste-Hülshoff zum 225. Mal. Eine bemerkenswerte Frau und eine herausragende Dichterin, deren Dichtung und poetischen Werke zeitlos sind. So wollte sie auch verstanden werden und keine Schriftstellerin sein, die sich der öffentlichen Meinung und der Mode unterwirft. Vielmehr wünschte sie sich, auch „nach hundert Jahren“ noch gelesen zu werden. Das ist ihr gelungen.
Sie ist eine bedeutende Inspirationsquelle für Autor*innen, die von ihrer Dichtung und Persönlichkeit noch heute fasziniert sind. Während ihrer Lebenszeit (1797-1848) befand sie sich als adelige, nicht verheiratete Frau auch als Schriftstellerin in einer ungünstigen Position. Die Zeit des Biedermeiers vertrug keine subversiven, unzeitgemäßen Frauen und schon gar keine Schriftstellerinnen. Doch sie fand Wege, ihre dichterischen Vorstellungen in einer männerdominierten Öffentlichkeit durchzusetzen.
Drostes Schmerzen
Der Roman von Georg Veit „Drostes Schmerzen“ nähert sich der Schriftstellerin Annette Droste von Hülshoff auf ganz besondere Weise. Ein unsichtbarer Wiedergänger, nur mit seinem Gesichtssinn und seinen Erinnerungen ausgestattet, spürt der Dichterin nach. Sucht ihre Wohn- und Wirkungsstätten auf. Als er auf sie trifft, kann er tief in ihr Wesen und ihre Arbeitsweise hineindringen. Er sieht sie, sie nimmt ihn jedoch nicht wahr.
Er erfährt, wie sie mit all ihren Sinnen die Natur aufnimmt und erforscht, um die unbeschreibliche Schönheit und Wechselhaftigkeit der Natur in ihren Versen und Texten poetisch zu beschreiben. Er erlebt ihre nagenden Schuldgefühle, obwohl sie selbst Opfer von Intrigen wurde, sind sie ihr als lebenslange Last geblieben. Sieht die lang andauernde Trauer um ihren Vater und schließlich ihre ständigen Schmerzen, die ihre behandelnden Ärzte und Heiler kaum lindern können. Und auch der Wiedergänger nimmt am Ende inhaltlich Gestalt an …
Der Autor hat aus der Sicht eines unbenannten Phantoms mit viel Poesie, Fantasie, Einfühlungsvermögen und stilsicherer, epischer Sprache ein facettenreiches Bild der Dichterin entworfen. Mit Erinnerungen, Versen, Briefen, Texten und ihren Wahrnehmungen versehen, werden wir beim Lesen des Romans in die vom Autor konstruierte Wirklichkeit der Dichterin und ihre Zeit geworfen. Ein sehr wunderschöner und mitreißender Einblick in die Welt der Dichtung und Sprache.
Georg Veit
Drostes Schmerzen
Roman
Coesfeld 2022
ISBN 978-3-942788-6; 19,90 Euro [D])
Verlag: Elsinor
Georg Veit, geb. 1956 in Velen ist Autor mehrerer im Münsterland angesiedelter Kriminalromane. Weitere Veröffentlichungen: historische Romane, Satiren, Kurzgeschichten und Lyrik. Georg Veit hat außerdem viele Jahre als Gymnasiallehrer in Coesfeld gearbeitet.