Wie es wohl wäre, würde Berthold Sidebottom so viel Erfolg in seinem Beruf haben wie George Clooney? Doch Berthold hat deutlich weniger Haare als George und bisher nur Theater gespielt. Er rezitiert, wenn ihn das Stottern überkommt, Verse von Shakespeare und nur eines teilt er mit Clooney – das Geburtsdatum. Zurzeit ist der Schauspieler arbeitslos. Deshalb wohnt er wieder bei seiner Mutter Lily, die seit den 1950er Jahren in einer Sozialwohnung in London lebt. Es ist ein Wohnblock, den damals der Architekt Lubetkin entworfen hatte, um erschwingliche und das Gemeinwohl fördernde Wohnungen zu schaffen. Und er hat sie für Lily gebaut, wie diese nicht müde wird zu behaupten.
Nun sind diese Zeiten längst vergangen, doch der Wohnblock steht immer noch und ist begehrter denn je zuvor, da es auch in London immer weniger dieser Sozialwohnungen gibt. Und Berthold muss bald erleben, dass sein sicheres Zuhause bedroht ist. Denn ganz plötzlich stirbt seine Mutter, und es ist fraglich, ob er die Mieterschaft einfach übernehmen kann. Zu seiner Trauer über den Verlust seiner Mutter sind nun noch diese Sorgen hinzugekommen. George Clooney hat solche Probleme sicher nicht!
Berthold hat jedoch schnell das Potenzial der Bettnachbarin seiner Mutter im Krankenhaus erkannt und sie gebeten, vorübergehend bei ihm einzuziehen. Die aus der Ukraine stammende Inna soll ihm in der Rolle seiner Mutter das Wohnrecht sichern. Inna spricht nur ein rudimentäres Englisch und verfolgt eigene Ziele, von denen Berthold keinen blassen Schimmer hat.
Sei einigen Tagen hat seine Motivation, weiterhin hier zu wohnen noch einen zusätzlichen Schub bekommen. Die reizende Violet, eine Schönheit aus Kenia, ist in die Nachbarhauswohnung gezogen. Seine Fantasien und Tagträumereien drehen sich nun häufig darum, wie er in Clooneymanier ihr Herz erobern könnte. Vielleicht mit Kaffee?
Währenddessen ist Violet von ihrer ersten Wohnung zwar etwas enttäuscht, doch sie glaubt, bald erfolgreich in ihrem neuen Job zu sein und dann eine andere Wohnung beziehen zu können. Wie schnell sich das Blatt wenden kann und „Schöner-Wohnen-Träume“ einfach zerplatzen, hätte Violet nicht gedacht. Und dass sie bald an der Seite der anderen Bewohner für die schönen Kirschbäume in dem zum Wohnblock gehörenden kleinen Park kämpfen würde, auch nicht …
Wie die Bewohner des Lubetkin-Komplex ihre Wohnprobleme lösen und sich nie geahnte Liebesbeziehungen entwickeln, das und mehr erfährt man in dem wunderbar humorvollen und zugleich zeitkritischen Roman der Autorin Marina Lewycka, der es wieder hervorragend gelungen ist, exzentrische und liebevolle Figuren in ihrem Roman „Lubetkins Erbe“ zum Leben zu erwecken. Wir können über sie lachen und uns mit ihnen über die Ungerechtigkeiten des Lebens und des Immobilienmarktes empören.
Ein besonders großes Lesevergnügen!
Lubetkins Erbe
Marina Lewicka
Deutsch von Sophie Zeitz
ISBN 978-3-423-26160-9
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