Nach seinem Studium der Malerei und Film am Central Saint Martins College of Art and Design wurde dem britischen Künstler ISAAC JULIEN bewusst, dass die Malerei allein für seine künstlerischen Ambitionen und Inspirationen nicht ausreichend war, um kraftvolle visuelle Erzählungen zu schaffen. Julien griff zusätzlich zur Malerei sowie zu Medien wie Film, Fotografie, Musik, Theater und Bildhauerei. Mit diesem multidisziplinären künstlerischen Ansatz durchbricht er die traditionellen Grenzen zwischen den verschiedenen Disziplinen.
Überblicksausstellung des britischen Künstlers Isaac Julien „What Freedom Is To Me“ im K21
Ab heute ist in der Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen K21 die Überblicksausstellung des britischen Künstlers Isaac Julien „What Freedom Is To Me“ zu sehen. Der Titel ist abgeleitet aus einem Zitat der US-amerikanischen Jazzsängerin und Bürgerrechtsaktivistin Nina Simone „I’ll tell you what freedom is to me. No fear“. Und mit seinen künstlerischen Medien sind die Werke Isaac Julien und künstlerischen Positionen radikal politisch und hochästhetisch zugleich.
Die Ausstellung beginnt mit Juliens frühen Experimenten mit bewegten Bildern, die im Kontext des Sankofa Film and Video Collective entstanden. Diese Gruppe Londoner Kunststudentinnen aus der afrikanischen, asiatischen und karibischen Diaspora, die Julien zusammen mit Martina Attille, Maureen Blackwood, Robert Crusz und Nadine Marsh Edwards im Sommer 1983 gründete, spielte eine wesentliche Rolle bei der Etablierung des unabhängigen Schwarzen Kinos in Großbritannien. Vier Arbeiten aus dieser Zeit sind in K21 zu sehen, darunter Juliens erster Film Who Killed Colin Roach? (1983), der als Reaktion auf die Unruhen nach dem Tod eines jungen Mannes am Eingang eines Londoner Polizeireviers entstand, Territories (1984), der sich auf die Erfahrungen Schwarzer Britinnen in den frühen 1980er Jahren konzentriert, und This Is Not an AIDS Advertisement (1987), ein wichtiges Werk der LGBTQIA+-Geschichte, das auch heute noch stark nachhallt.
In einem gesonderten Raum wird erstmals in Europa die neueste Arbeit des Künstlers, die 5- kanalige kinematographische Installation Once Again…(Statues Never Die) (2022), gezeigt. Sie untersucht die Beziehung zwischen dem US-amerikanischen Sammler Albert C. Barnes und dem berühmten Philosophen und Kulturkritiker Alain Locke, der 1907 als erster afroamerikanische Rhodes-Stipendiat an der Universität Oxford war und „Vater der Harlem Renaissance“ genannt wurde. Die Installation zeigt kritische Dialoge der beiden Männer, die daraus einen bedeutenden Einfluss auf ihre Arbeit als Pädagogen und Aktivisten für verschiedene Anliegen der afroamerikanischen Gemeinschaft gezogen haben.
Lessons of the Hour
Eine sehr ungewöhnliche und interessante Arbeit ist die 10-Kanal-Filminstallation Lessons of the Hour (2019). Dieses Porträt des Lebens und Wirkens des ehemaligen Sklaven und selbstbefreiten Freiheitskämpfers Frederick Douglass kann als exemplarischer Ausdruck von Juliens 40- jährigem Engagement für kulturellen Aktivismus, die Politik und Poetik des Bildes gesehen werden. In Douglass‘ Schriften zur Fotografie und in seinem Umgang mit Fotografie (er gilt als die meistfotografierte Persönlichkeit in den USA im 19. Jahrhundert) artikuliert sich der moralische und soziale Einfluss des Bildermachens, den Julien selbst mit seinem Werk verfolgt.
Die künstlerischen Werke, die im K21 zu sehen sind, werfen ein bedeutsames Licht auf archivierte Erinnerungen, Erfahrungen des Rassismus, der Migration und des Kolonialismus. Eine sehr empfehlenswerte und spannende Ausstellung, die zum Nachdenken anregt, aber auch neue künstlerische Einblicke erlaubt.
Vom 23. September 2023 bis 14. Januar 2024 zu sehen im K21
Zur Ausstellung ist auch ein aufwändiger und schöner Katalog im Hirmer Verlag erschienen, der die gesamte Bandbreite des künstlerischen Werks Isaac Juliens dokumentiert und Beiträge u.a. der Kuratorin der Ausstellung I. Maidment enthält.
208 Seiten, 134 Abbildungen in Farbe – ISBN: 978-3-7774-4189-4.
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Titelbild:: Isaac Julien, Freedom / Diasporic Dream-Space No. 1 (Once Again…Statues Never Die), 2022 Inkjet print on Canson Platine Fibre Rag Framed: 273 x 183 x 5.6 cm (107 1/2 x 72 x 2 1/4 in) © Isaac Julien, Courtesy the artist and Victoria Miro