Kalifornien im Sommer 1959. Ruby Wright macht sich auf den Weg zu ihrem Job. Sie putzt im Haus der Haneys. Eine typische Mittelstandsfamilie mit zwei Kindern, einem glitzernden Pool und perfekt getrimmten Rasen, der ihn umsäumt. In Sunnylakes sehen die meisten Häuser so aus. Ruby steht ein langer Nachmittag bevor. An der Haustür angekommen, öffnet ihr niemand. Die Atmosphäre kommt ihr bedrohlich vor, etwas ist heute anders. Dann sieht sie die älteste Tochter der Haneys, Barbara, sie weint. Ruby nimmt sie mit ins Haus, denn auch die jüngste Tochter schreit in ihrem Kinderbettchen fürchterlich. Doch als Ruby durch die Küche gehen will, sieht sie eine Blutlache auf dem Boden. Jetzt schreit auch Ruby, so laut sie kann. Joece Hanley ist verschwunden. Ihre Tochter Barbara war die letzte, die sie gesehen hat. Ein geschocktes Kind, dass die Geschehnisse nur unzureichend wiedergeben kann.
Die herbeigerufene Polizei beginnt ihre Arbeit und das bedeutet, sie nimmt Ruby gleich fest. Ruby ist eine Schwarze und somit per se verdächtig. Zwar hat am 13. November 1956 der Oberste Gerichtshof die Rassentrennung als verfassungswidrig erklärt, doch die Einstellung der Menschen hat sich dadurch noch längst nicht geändert. Selbst wenn Ruby im Bus, der sie täglich zu ihrem Job bringt, sitzen kann, wo sie will.
Detective Mick Blanke, der mit dem Fall betraut ist, ist neu in dieser US-amerikanischen Kleinstadt. Er hasst die Hitze hier und vieles andere auch. Micks Ermittlungsstil gefällt seinem Boss überhaupt nicht. Er droht ihm mit Versetzung, wenn er nicht in kürzester Zeit Fakten oder besser noch die Vermisste findet. Micks ersten Ermittlungsschritte führen ihn zu einer Frauengruppe in der Nachbarschaft, der sich Joece angeschlossen hatte. Die sonnendurchflutete Idylle eines Heims und eine Familie, war nicht alles, was Frauen sich wünschen. Er stösst auf eine junge Frau, die so gar nicht in diese Frauengruppe zu passen scheint.
Der Detective lässt Ruby nach einem kurzen Gespräch gehen und versichert ihr, dass sie nicht verdächtigt wird. Ruby ist nicht überzeugt, sie misstraut der Polizei generell; auch ihre Familie, weiß ein trauriges Lied darüber zu singen. Rubys Freund hat sich einer Gruppe von Aktivisten angeschlossen, die weiterhin friedlich für die Rechte schwarzer US-BürgerInnen protestieren wollen. Er bestärkt Ruby in ihrem Misstrauen.
Dann geschieht ein zweiter Mord und der Detective wendet sich an Ruby, denn er ist überzeugt, dass die junge Frau mehr weiß und die Geheimnisse enthüllen kann, die hinter den geschlossenen Vorhängen der Sunnylakes-Häuser lauern. Er lockt sie mit dem Versprechen, eine Belohnung zu bekommen, wenn sie Hinweise liefert. Verführerisch für Ruby, denn sie braucht dringend Geld für eine Ausbildung, die sie unbedingt machen will. Doch gefahrlos ist das Ganze für Ruby nicht. Wird sie dem Detective helfen und die Belohnung bekommen?
Der Autorin Inga Vesper ist es außergewöhnlich gut gelungen, die Zeit der 1950-60er Jahre in den USA einzufangen. Empathisch beschreibt sie die Frauen, die mehr wollen, als gefangen in ihrer scheinbaren Idylle zu leben. Sie suchen einen Weg, sich individuell weiterzuentwickeln. Während einer Zeit, in der schwarze Frauen doppelte Diskriminierung erfahren. Damit thematisiert Inga Vesper historische Fakten, die bis heute aktuell sind. Stichworte: #metoo und #black lives matter. Zudem ist der Kriminalroman sehr spannend aufgebaut und flüssig erzählt. Er fasziniert von der ersten bis zur letzten Seite.
IN AUFRUHR – Inga Vesper
Übersetzt von: Katharina Naumann, Silke Jellinghaus
Verlag: Kindler
Erscheinungstermin: 21.04.2021
384 SeitenISBN: 978-3-463-00022-0