Die Linie – Film von Ursula Meier

Mit einer erschütternden Szene beginnt der Film „Die Linie“, der Regisseurin Ursula Meier. Eine junge Frau rastet aus. Warum ist zunächst nicht klar. Doch bei dieser körperlichen Auseinandersetzung verletzt sie ihre Mutter. Margaret, 35 Jahre alt und seit langem gewalttätig darf nun drei Monate lang keinen Kontakt zu ihrer Mutter aufnehmen, sich dem Haus der Familie nicht mehr als 100 Meter nähern. Befolgt sie diese Anordnung nicht, landet sie sofort im Gefängnis.

Christina (Valeria Bruni Tedeschi) © Piffl Medien

Besonders leidet die jüngste Schwester Marion darunter, Margaret nicht sehen zu können. Sie markiert die Linie, die nun Margaret von ihrer Familie trennt mit blauer Farbe. Doch beide treffen sich von nun an dieser Markierung, die schnell zum Begegnungsort der Schwestern wird. Dort erhält Marion weiterhin Gesangsunterricht von ihrer älteren Schwester. Nur die Mutter, eine erfolgreiche Pianistin, zeigt sich unversöhnlich. Sie hat an den Folgen der Auseinandersetzung zu tragen und ist seither auf dem linken Ohr fast taub. Christina verkauft ihren heißgeliebten Flügel und widmet sich nun ihrem neuen Liebhaber Hervé. Margaret kehrt jedoch Tag für Tag an die Linie zurück, um ihrer Familie nahe zu sein.

Das System Familie gerät in eine Krise und sucht nach neuer Stabilität. Im Film ist die Mutter ein unsicherer Faktor ebenso wie Margaret, die älteste Tochter, die tief verwundet wirkt. Die Atmosphäre zwischen beiden ist angespannt, die Beziehung zwieispältig. Vermittlerin und zugleich Wärterin der Grenzlinie ist die jüngste Tochter Marion, die engelgleich mit Gebeten den Familienfrieden wieder herzustellen versucht.

Warten an der Linie – v.l. Christina (Valeria Bruni Tedeschi) und Marion (Elli Spagnolo)
© Piffl Medien

Der Regisseurin Ursula Meier ist mit ihrem Film „Die Linie“ ein wunderbares und berührendes Familiendrama gelungen, das von Beginn an fesselt. In präzisen, empathischen und eindringlichen Bildern erzählt Meier von den manchmal brüchig werdenden Verbindungen einer Familie, in der sich die Figuren bewegen, nach Geborgenheit und Sicherheit suchen. Doch nicht Liebe ist das stärkste Band zwischen ihnen, sondern die Musik. Sie verbindet die Familie miteinander.

Entscheidend zum Gelingen des Films haben zudem die hervorragenden Schauspielerinnen beigetragen. Stéphanie Blanchoud in der Rolle der Marion, Elli Spagnolo, die auch Musikerin ist, als Margaret ebenso wie Valeria Bruni Tedeschi, die die abgehobene Mutter spielt, und India Hair als mittlere Tochter. In einer Nebenrolle gastiert der französische Musiker und Schauspieler Benjamin Biolay.

„Die Linie“ ist ein großartiger Film! Ab heute in den Kinos.

Titelbild: Margaret (Stéphanie Blanchoud) © Piffl Medien

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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