Die Frau im Nebel – FilmTipp

Mit DIE FRAU IM NEBEL kehrt der koreanische Regisseur Park Chan-Wook nach sechsjähriger Pause auf die Leinwand zurück. Der Film beginnt fast konventionell wie ein Krimi, entwickelt sich aber nach einer Weile zu einem fesselnden, verschlungenen Noir-Drama um eine unmögliche Liebe und fatale Attraktion. 

Der Ehemann der Chinesin Song Seo-rae (Tang Wei) ist beim Bergsteigen ums Leben gekommen. Die polizeilichen Ermittlungen zu seinem Tod sind von dem Moment an gefährdet, als sie und der leitende Kommissar Chang Hae-joon (Park Hae-il) sich begegnen. Sie ist schön und schüchtern, entschuldigt sich für ihr unvollkommenes Koreanisch. Er ist von ihr hingerissen. Auch wenn die Worte stocken, ist die wechselseitige Anziehungskraft zwischen den beiden greifbar. Augen und Körper spiegeln sie in einem quälenden Auf und Ab zwischen Begehren und gesellschaftlicher Etikette.

Obwohl er sie des Mordes verdächtigt, fühlt sich Song (Tang Wei) zu dem pflichtbewussten Polizisten Jang (Park Hae-il) hingezogen. © Plaion Pictures

Doch der Tod ihres Mannes scheint die schöne Witwe seltsamerweise nicht zu berühren. Verbirgt sie etwas oder ist sie nur einfach unnahbar? Hae-joon beginnt, sie zu beobachten, um Hinweise zu finden. Verliebtheit und Ego machen ihn dabei blind für die Möglichkeit, dass auch sie ihn beobachten könnte.

Die Balance zwischen Schmerz und Vergnügen bei ihren romantischen Begegnungen, zu denen es schon bald unweigerlich kommt, neigt sich meistens dem Ersteren zu. Für Hae-joon besteht der Schmerz darin, dass ihm zwanghaft Gedanken an Song in den Sinn kommen, selbst wenn er mit seiner Frau schläft. Und dann ist da noch der wachsende, böse Verdacht, dass diese temperamentvolle Frau, die ein ebenso feines Gespür für Kriminalpsychologie zu haben scheint wie er, mit ihm spielt; dass der Unfalltod ihres Mannes vielleicht nicht das ist, was es zunächst zu sein schien.   

Song (Tang Wei) und Jang (Park Hae-il) beginnen auch außerhalb des Polizeipräsidiums, Zeit miteinander zu verbringen.
© Plaion Pictures

Neben der exzellenten schauspielerischen Leistung der Darsteller/lnnen fasziniert DIE FRAU IM NEBEL vor allem auch mit einer ebenso präzisen wie verspielten Kinematographie, die voller Schichten und gespiegelter Bilder ist: Die Wahrheit ist eine flüchtige Angelegenheit, die sich nur schwer festhalten lässt. Im Film wie auch in der Wirklichkeit.

Die Situation ist vertrackt: Hae-joon ist verheiratet, will seine Frau nicht verlassen. Seo-rae könnte eine Mörderin sein. Es ist chaotisch. So wie sich die beiden in ihrer Beziehung verheddern, so verheddert sich auch die Erzählung. Nebenhandlungen gibt es zuhauf, darunter die Jagd nach einem weiteren Mörder, eingeschläferte Omas und ein Elixier für männliche Potenz. Einige davon sind integraler Bestandteil der Handlung, andere sind Nebenschauplätze, die der Film aufsucht und wieder verlässt. Aber selbst die seltsamsten Berührungspunkte sind fesselnd. Die fein nuancierten Darbietungen von Park Hae-il und Tang Wei und ihre unwiderstehliche Chemie haben allerdings genug Schwerkraft, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer/innen jenseits aller Beiläufigkeiten auf den letzten Akt des Dramas zu lenken, der einen benommen zurücklässt.

Standardbild
Hans Kaltwasser
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