Die Beerdigung ihrer Mutter in Deutschland hat bei Dilan mehr als Trauer hinterlassen. Eine merkwürdige Unruhe, die sie nun zurück in Istanbul nicht verlässt. Hier lebt sie mit Johan und arbeitet als Rechtsberaterin in einer Kanzlei. Sie ist Tochter kurdischer Aleviten und im Norden Deutschlands aufgewachsen. Deshalb spricht Dilan ausgezeichnet Deutsch und kann so hier deutsche Mandanten vertreten, die im Rechtsstreit mit türkischen Unternehmen liegen. Nur Kurdisch, die Sprache ihrer Eltern spricht sie nicht und weiß auch wenig über die Verfolgung und Gewalt, denen sie ausgesetzt waren. Denn bisher haben sie einen Mantel des Schweigens über alles geworfen, was in ihrem Herkunftsland passiert war.
Dilan ist schwanger und vielleicht ist das der Grund, warum sie noch dringlicher mit der Vergangenheit ihrer Eltern in Kontakt treten möchte. Bereits als junges Mädchen hatte sie versucht, mehr zu erfahren und zu verstehen. Sehr zum Ärger ihrer Eltern. Wie in Trance durchstreift sie Istanbul, steigt in einen Bus und landet in Diyarbakir, der alten Stadt am Tigris und die heimliche Metropole der Kurden. Schon wieder bewegen sich Panzer durch die Stadt und der Ascheregen ist allgegenwärtig. Hier haben ihre Eltern einst gelebt, geliebt und gekämpft. Es ist ein gefährlicher Ort, doch Dilan will nicht aufgeben, bevor sie mehr erfahren hat und ihre Hände im Tigris gewaschen hat …
Immer noch von aktueller Brisanz berührt der poetisch und eindringlich erzählte Debütroman „Zweistromland“ der Autorin Beliban zu Stolberg über ein persönliches Schicksal, das mit der Geschichte und Politik eines Landes verwoben ist, in dem ein Volk systematisch Verfolgung und Gewalt ausgesetzt ist. Ein großartiger Debütroman.
Beliban zu Stolberg
Zweistromland
Roman
208 Seiten
ISBN 978-3-98568-085-6
Verlag: Kanon