Erfahrungen von Verlust, Trauer und Wandel bergen ein verstörendes Potenzial, das schwer zu benennen ist und sich einer Darstellbarkeit regelrecht zu entziehen scheint. In der Hamburger Kunsthalle ist die umfassende Ausstellung „TRAUERN“ zu besichtigen, die sich thematisch damit auseinandersetzt.
Dabei sind ganz unterschiedliche künstlerische Positionen zu sehen: Welche Bilder finden Künstler*innen heute für dieses Phänomen, welche Bedeutung kommt überlieferten Pathosformeln zu und was erzählt der Umgang mit Trauer über unsere Gegenwart.
Speziell für die Ausstellung entstandene Werke und Exponate aus den Ateliers werden um Leihgaben internationaler Museen und Privatsammlungen ergänzt. Die sich über zwei Stockwerke der Galerie der Gegenwart erstreckende Ausstellung umfasst Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Videos, Dia- und Klanginstallationen.
Die Ausstellung spannt einen großen Bogen von den Miniatur-Särgen Kudjoe Affutus (1985) aus Ghana bis hin zu Andy Warhols (1928–1987) ikonischem Porträt Jackie von 1964. Erstmalig in Deutschland sind die strengen und zugleich poetischen Schrift-Arbeiten der mit dem Turner-Prize 2019 ausgezeichneten britischen Künstlerin Helen Cammock (1970) zu sehen.
Von besonderer Aktualität ist zudem die Werkserie von bearbeiteten Fotografien aus dem Syrien-Krieg von Khaled Barakeh (1976), die das jahrhundertealte Bildmotiv der Pietà (italienisch für Frömmigkeit, Mitleid) aufgreift. Eine speziell für die Ausstellung entstandene und Dank der Philipp Otto Runge Stiftung ermöglichte Klanginstallation der schottischen Turner-Prize-Trägerin Susan Philipsz (1965) lässt im Lichthof der Galerie der Gegenwart die alte Tradition des Wehklagens (engl. keening) aufleben.
Die versammelten Werke vermitteln in ihrer Vielsprachigkeit eine Ahnung davon, wie mannigfaltig die Formen von Trauer sein können. Wir alle machen individuelle leidvolle Erfahrungen von Enttäuschung, Scheitern und Unwiederbringlichkeit – ob es sich um den Verlust eines geliebten Menschen durch Trennung oder Tod handelt, den Abschied von Idealen und Visionen oder den Verlust von Heimat und Vertrautheit.
Mit Werken von Bas Jan Ader, Kudjoe Affutu, Khaled Barakeh, Christian Boltanski, Helen Cammock, Anne Collier, Johannes Esper, Sibylle Fendt, Seiichi Furuya, Paul Fusco, Felix Gonzalez-Torres, Aslan Ġoisum, Ragnar Kjartansson, Maria Lassnig, Jennifer Loeber, Ataa Oko, Adrian Paci, Philippe Parreno, Susan Philipsz, Greta Rauer, Willem de Rooij, Michael Sailstorfer, Thomas Schütte, Dread Scott, Rein Jelle Terpstra, Rosemarie Trockel, Tilman Walther und Andy Warhol.
Trauern ist vom 7. Februar bis 14. Juni 2020 in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.
Zu TRAUERN wird ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Lesungen, Gesprächen und Führungen geboten. Ein Begleitheft zur Ausstellung (Deutsch /Englisch) steht kostenfrei zur Verfügung unter www.hamburger-kunsthalle.de
Titelfoto: ANNE COLLIER (*1970) Woman Crying (Comic) #8, 2019 C-Print, 126 x 150 cm Courtesy of the artist; Anton Kern Gallery, New York; Galerie Neu, Berlin; Gladstone Gallery, Brussels; and The Modern Institute / Toby Webster Ltd., Glasgow © Anne Collier