Sie sitzt jeden Tag da und wartet, dass er erwacht. Seit Wochen schon liegt ihr Mann im Koma. Sie pflegt ihn zuhause, ärztliche Versorgung kann sie sich nicht leisten. Es ist Krieg in Afghanistan und der Mann war Soldat. Nun muss sie sehen, wie sie und die Kinder überleben. Und eines Tages beginnt sie zu sprechen. Sie erzählt ihm alles. Alle Geheimnisse, alle Sorgen und Nöte. Denn zum ersten Mal kann sie frei reden. Der Stein der Geduld ist ein der persischen Mythologie entliehenes Bild. Die Sage erzählt von einem Stein, der sich alle Sorgen eines Menschen anhört, bis er aufgrund der Last am Jüngsten Tag in tausend Stücke zerbricht.
Regisseur und Autor Atiq Rahimi nutzte die Metapher bereits in seiner gefeierten Buchvorlage, um einer unterdrückten Frau, die für viele Frauen in diesem Kulturraum steht, eine Stimme zu geben. Wie in einem Kammerspiel fängt die Kamera auch hier die wenigen Figuren in engstem Raum miteinander ein und leitet den Zuschauer durch die Stimme und die visualisierten Erinnerungen der Hauptdarstellerin Golshifteh Farahani, die durch ihr faszinierendes und intensives Spiel ein Schicksal schmerzhaft erlebbar macht. Wie in einem Sog folgt man der Figur und realisiert nach und nach das ganze Ausmaß der Unterdrückung, Fremdbestimmung und Unfreiheit, die Frauen in Afghanistan erleiden müssen. Präzise beobachtet und sorgfältig arrangiert hat in diesem spärlichen Setting alles seine ganz genaue Bedeutung, sodass kein Bild zuviel erscheint. Ein wichtiges filmisches Plädoyer für die Emanzipation.
In vielen Kulturen wird die Frau noch immer als minderwertig angesehen. Ihre Aufgabe ist es, dem Mann zu dienen. Bis zum Äußersten. Auch die Heldin in STEIN DER GEDULD nimmt diese Aufgabe als „gottgegeben“ an. Und dennoch nutzt sie die Chance, als ihr Mann ins Koma fällt, um sich, nur mit Worten, langsam von den Fesseln der unmenschlichen Regeln der Gesellschaft zu lösen. Der afghanische Regisseur Atiq Rahimi setzt sich seit Jahren für die Frauen in seinem Land ein, ob mit seinen Büchern oder seinen Filmen. Und auch der mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnete Film STEIN DER GEDULD ist ein Plädoyer für die Emanzipation. Sein Film entwickelt, so die fünfköpfige Expertenjury, „einen unheimlichen Sog, der bis zum bitteren, überraschenden Ende anhält. Ein Kammerspiel mit starken Bildern!“ -(FBW)-
Kinostart:10.10.2013
Drama
Regie: Atiq Rahimi
Darsteller: Golshifteh Farahani; Hassina Burgan; Massi Mrowat; Hamid Djavadan
Drehbuch:Jean-Claude Carrière; Atiq Rahimi
Buchvorlage:Atiq Rahimi
Kamera:Thierry Arbogast
Schnitt: Hervé de Luze
Musik: Max Richter; Mirvaïs Ahmadzaï
Weblinks:zelluloid.de; moviejones.de;
Länge: 102 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
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