Portico Quartet mit neuem Album MONUMENT

Über ein Jahrzehnt hinweg hat die Londoner Gruppe Portico Quartet Jazz mit Elektronik gemischt und dabei von freier Improvisation bis hin zu eher in der Club-Kultur verwurzelte Kompositionen alles ausprobiert. Dabei ist die Band in ihrer Kreativität schier unermüdlich. Vor sechs Monaten brachten die Briten „Terrain“ heraus. Jetzt legen sie mit ihrem heute erschienenen Album MONUMENT nach, das deutlich vom Vorgänger abweicht. Wo „Terrain“ die düsteren psychologischen Auswirkungen der Pandemie thematisierte, wirkt MONUMENT entspannter, heiterer wie ein Abgesang auf dunkle, schwere Zeiten.

Jeder Track des Albums hat eine andere Textur: Einige heben üppige Saxofon-Melodien und entspannte Rhythmen hervor, andere schweben mit verträumter Stille durch den Raum. Am besten klingt die Musik jedoch in Momenten subtiler Variation, in denen sie sanft den Kurs wechselt, aber ihre breit angelegte Ruhe nicht verliert.

Ein Großteil des Albums besteht aus ruhigen, fast meditativen Klängen, die fesselndsten Stücke sind indessen kunstvolle Übungen im Wechsel von Spannung und Loslassen. Der Song „A.O.E.“ beispielsweise baut sich aus dezenten Dissonanzen und einem zarten Kontrapunkt zwischen den einzelnen Instrumenten auf. Nach einer Weile mutiert das Stück zu einem rasanten Beat und fetzigen Saxofon. Diese klanglichen Veränderungen und Stimmungsschwankungen verleihen der Musik mehr Farben und große Strahlkraft. Stücke dagegen wie „Impressions“ weisen einen Mix aus kratzigen Mustern und synkopischen Rhythmen auf, bleiben aber mit geringerer Wirkung immer gleich.

An anderen Stellen sorgt das Portico Quartet für willkommene Abwechslung, indem die Band den Tonumfang erweitert. In Songs wie „Ever Present“ werden markante Klavierlinien und Saxofonklänge von wehenden elektronischen Echos umspielt. Während die meisten Stücke des Albums weder zu hoch noch zu tief gehen, schwingt sich dieser Titel zu einer höheren Tonlage empor und sorgt durch den größeren Tonumfang für eine stärkere Melodramatik.

Das Stück „Ultraviolet“, in dem Elektronik mit schrägen Saxofonlinien kollidiert, ist ein gekonnter Genre-Mix aus ein bisschen Jazz, ein bisschen Ambient, ein bisschen Post-Rock, der in einer filigranen, gedämpften Form serviert wird. Nicht unbedingt ultraviolett, aber gleichwohl ungemein lebendig.

Das Portico Quartet hat sich einen Namen damit gemacht, die Grenzen zwischen den Genres zu verwischen und verschiedene kompositorische Ideen zu einer luftigen Textur zu verschmelzen. In dieser Tradition steht auch dieses Album. Aber es sind die Spannungsbögen, die anschwellende Melancholie und subtilen Melodien, in denen MONUMENT am stärksten überzeugt.

Portico Quartet

MONUMENT

Label Gondwana 2021

Erscheinungstermin 12. November 2021

Foto: Hannah Collins

Standardbild
Hans Kaltwasser
Artikel: 431

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