Filmtipp: JEANNE DU BARRY – FAVORITIN DES KÖNIGS

Wem das Medienspektakel um die Beerdigung der Queen und die Bilder von der Krönung Charles III noch nicht gereicht haben, dessen Sehnsucht nach Teilhabe an der Welt der Royalen wird mit dem Film JEANNE DU BARRY – FAVORITIN DES KÖNIGS gestillt werden. Die französische Regisseurin, Schauspielerin und Autorin Maïwenn, die auch die Hauptrolle spielt, hat ihn gemacht. Johnny Depp ist als der französische Monarch Ludwig XV. zu sehen, eine Wahl, die bei vielen ebenso für Verwirrung sorgte wie die Entscheidung, die Filmfestspiele in Cannes ausgerechnet mit einem Film zu eröffnen, der die Pracht des vorrevolutionären Versailles feiert, während massive Proteste gegen die Sparpolitik der französischen Regierung das Land erschütterten.

Entgegen manchen Erwartungen erweist sich der Film indessen als ein subtiles und gut gemachtes Kostümdrama, das nicht nur in opulenten, an Kubricks Barry Lydnon erinnernden Bildern schwelgt, sondern auch Humor und viel satirischen Biss hat.

Jeanne du Barry ist eine junge Frau aus sehr bescheidenen Verhältnissen, die teils durch glückliche Umstände, teils durch eigene Initiative im Schloss von Versailles landet und dort bald zur Lieblingsmätresse des Königs aufsteigt. Ihre erste wichtige Eroberung auf diesem Wege ist der Comte du Barry (Melvil Poupaud), ein kriecherischer Genüssling, zu dessen gutmütigem und weltfremdem Sohn Adolphe sie eine platonische Beziehung aufbaut und den sie in Philosophie und Poesie unterrichtet. Der Graf sieht einen offensichtlichen gesellschaftlichen Vorteil darin, seine Frau dem verwitweten König am Hof vorzustellen. Während einer stattlichen Prozession durch Versailles, vorbei an den sich verbeugenden Lakaien, fällt Ludwigs Blick auf Jeanne. Er ist von ihrer Schönheit beeindruckt. Die furchtlose, kokette und leicht ironische Art, mit der sie seinem Blick begegnet und einen Knicks macht, gefällt dem Monarchen und weckt sein Begehren. Doch ehe Jeanne als würdig für das Bett des Königs befunden wird, muss sie sich einer erniedrigenden gynäkologischen Untersuchung unterziehen.

Für Jeanne laufen die Dinge zunächst zufriedenstellend und sie und Ludwig sind bald kichernd ein unzertrennliches Paar. Der König macht ihr prächtige Geschenke, während Jeanne keine Gelegenheit auslässt, die steifen, im Korsett eingeschnürten und unter den hohen Perücken schwitzenden Hofdamen durch modische Innovationen oder provokante Bemerkungen gegen sich aufzubringen. Vor allem den Zorn der drei erwachsenen Töchter des Königs erregt sie, die fürchten, aus der Gunst des Vaters verdrängt zu werden. Als sich die Gesundheit des Königs verschlechtert, schwindet Jeannes Einfluss und Unheil droht.

Foto: Wildbunch

JEANNE DU BARRY – FAVORITIN DES KÖNIGS ist ein prächtig ausgestatteter, mit erstklassigen Schauspielern auch in den Nebenrollen besetzter Film. Johnny Depp als alternder Monarch, der sich in eine Kurtisane verliebt, überrascht mit einer seiner zurückhaltendsten und wirkungsvollsten Darstellungen. Sein Ludwig ist eine wortkarge, melancholische, aber beherrschende Figur mit einer dunklen Seite.

Maïwenn stellt Jeanne als verspielte und verführerische Frau dar, deren einziges Verbrechen darin bestand, sich über ihren Stand erheben zu wollen und natürlich, dass sie sich in den König verliebt hat. 

Das gradlinige Drehbuch, an dem Maïwenn mitgeschrieben hat, entlarvt die Absurdität der royalen Rituale und den zynischen Chauvinismus des Hoflebens. Die Welt, in die Jeanne in Versailles gerät, ist eine streng Hierarchische, in der jeder Blick, jede Geste und jedes Wort eine versteckte Bedeutung hat. Jeder intrigiert hier gegen jeden, um seine Position zu verteidigen oder um im Ansehen des Königs aufzusteigen. Gefühle zu zeigen, authentisch zu sein, gilt als schlechter Stil und ruft das Missfallen der höfischen Gesellschaft hervor. Um diese normativen Erwartungen schert sich des Königs letzte Mätresse indessen nicht und beschwört hierdurch letztlich ihr Unglück herauf.

Maïwenn und Depp teilen sich viele großartige Momente in dem Film, vor allem solche, die für willkommenen Humor sorgen. So sind es gerade die unerwarteten Lacher, die zu dem Besten gehören, die dieser sehr unterhaltsame Film zu bieten hat. Angefangen von den stumpfen Blicken von Depps König Ludwig bis hin zu dem Running Gag darüber, dass man dem König niemals den Rücken zukehrt und seine Gemächer rückwärts in kleinen trippelnden Schritten verlässt.  

Ab dem 24. August in den Kinos zu sehen

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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