Diebe und Vampire – Doris Dörrie

Schriftsteller und solche, die es werden wollen, haben zumeist Vorbilder, die sie heiß und innig lieben. Ob sie jedoch jemals so kreativ und erfolgreich werden wie ihre Idole, das ist fraglich. Auch Alice, noch jung und fernab jeglicher Lebensweisheit, hat ihre „Meisterin“ gefunden. Während eines Urlaubs in Mexiko mit ihrem sehr viel älteren Liebhaber, dem verheirateten Dermatologen Pe, lernt Alice sie kennen. Am Strand ist es so heiß, das sogar das Lesen unerträglich ist. Nur die elegante Amerikanerin bleibt cool in ihrem schwarzen Badeanzug. Ihr Erscheinen am Strand läuft immer nach demselben Ritual ab – nachdem sie einige Zeit lesend verbracht hat, schwimmt sie weit ins Meer hinaus, um anschließend wieder ins Hotelzimmer zu gehen. Alice erfährt vom Lebenspartner der „Meisterin“, dass sie sich dorthin zurückzieht, um zu schreiben. Wie kann Alice die Aufmerksamkeit der Schriftstellerin auf sich lenken? Sie würdigt sie ja nicht einmal eines Blickes, weder am Strand noch im Speisesaal, egal wie auffällig Alice sich aufführt. Da gerät ihr eine zerfledderte Zeitung in die Hände, auf deren erster Seite ein interessanter Bericht zu lesen ist. Stoff für die Schriftstellerin? Tatsächlich beißt die „Meisterin“ an.

Jahre später ist Alice selbst erfolgreich, aber nicht etwa durch eine große Anzahl ungewöhnlicher Romane oder Kurzgeschichten, die sie geschrieben hat. Nein, es ist ein Handbuch, das Autoren helfen soll, erfolgreiche Schriftsteller zu werden. Eine Einladung nach Mexiko, der Alice folgt, führt ihr die Wirkung ihres Buches direkt vor Augen und lässt sie in Erinnerungen schwelgen.
“Ja, Schriftsteller saugen dich aus, sie sind nichts als Diebe und Vampire.“

Doris Dörrie hat ein humorvolles und intelligentes Buch über das Schreiben und die Not des Schriftstellers geschrieben. Komisch, ironisch und mitleidslos – einfach toll!

Diebe und Vampire

von Doris Dörrie

Roman, Hardcover Leinen, 224 Seiten
Erschienen im Juni 2015
ISBN 978-3-257-06918-1
Verlag: Diogenes

Doris Dörrie, geboren in Hannover, studierte Theater und Schauspiel in Kalifornien und in New York, entschloss sich dann aber, lieber Regie zu führen. ›Männer‹, ihr dritter Kinofilm, wurde ein Welterfolg. Parallel zu ihrer Filmarbeit (zuletzt der Dokumentarfilm ›Dieses schöne Scheißleben‹ über weibliche Mariachi in Mexiko, 2014) veröffentlicht sie Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Seit einigen Jahren hat sich Doris Dörrie auch als Opernregisseurin einen Namen gemacht. Sie lebt in München.

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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