Anklage von John Grisham

Samantha ist eine junge Anwältin und ihr Arbeitsplatz steht mitten in Manhattan. Ihr Arbeitgeber gehört dort zu den größten Kanzleien. Scully&Pershing nehmen die ganze obere Hälfte eines sehr hohen Gebäudes ein. Aber Samanthas Arbeit ist langwierig und auch langweilig. Zudem sinkt ihre Wochenstundenzahl selten unter 70 Stunden. Nun hat die Finanzkrise auch den Anwaltsriesen erreicht. Samantha und viele ihrer Kollegen stehen von heute auf morgen auf der Straße. Einzig die Tatsache, dass sie nur freigestellt sind und ihre Krankenversicherung behalten, wenn sie ein Jahr einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen, lässt Samantha ein wenig hoffen. Viele Dinge gehen ihr durch den Kopf. Kann sie ihr teures Appartment halten? Wo wird sie einen ehrenamtlichen Job bekommen? Wie soll sie sich über Wasser halten, wenn sie nur „pro bono“ arbeitet?

Nach neun erfolglosen Bewerbungen erwartet Samantha auch von der zehnten eine Absage. Doch es kommt anders. Der Anruf erreicht sie aus Brady, Virginia, also mehrere Stunden Autofahrt von New York entfernt. Eine kleine Non-Profit-Organisation kann eine Praktikantin gut gebrauchen. Die lange Autofahrt führt sie durch kleine, abgelegene Orte entlang den Appalachen, ein Gebiet, das von exzessivem Tagekohleabbau gekennzeichnet ist. Durch ein Missgeschick lernt sie auch gleich Donovan kennen, einen der erfolgreichsten Anwälte in dem kleinen Ort Brady. Er weiß bereits, dass Samantha auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch in die Law Clinic ist, denn seine Tante leitet diese. Die erklärt ihr ohne Umschweife, woraus ihre Arbeit bestehen wird. Zivilrechtliche Prozesse werden auf sie zukommen, obwohl sie noch keinen einzigen Gerichtssaal von innen gesehen hat. Es handelt sich um Fälle von der Scheidung bis hin zu Schadensersatzklagen. Samantha sagt zu. Sie weiß jedoch noch nicht, dass sie sich neben den kleineren Fällen, mit einer viel größeren Klage beschäftigen wird. Die Beklagte ist eine riesige Kohlebergbaugesellschaft, die rücksichtslos Berge, Wälder, ja die gesamte Landschaft verschandelt und Schuld daran ist, dass die Bergarbeiter an Staublungen erkranken. Doch die Magnaten denken nicht daran, finanzielle Hilfen und Ausgleichzahlungen zu leisten.
Schließlich lässt der tragische Fall eines Arbeiters, der wegen seiner durch Kohlestaub zerfressenen Lunge nur noch wenige Monate leben wird, aber seine Familie ohne finanzielle Hilfe zurücklassen muss, Samanthas Rückkehrwünsche nach New York verblassen. Sie nimmt mit Donovan den Kampf gegen die Kohlemagnaten auf und schreckt auch dann nicht zurück, als ihr Leben akut bedroht wird.

Mit präziser Eleganz erzählt John Grisham diese Geschichte, die ebenso gut recherchiert ist wie alle seine übrigen Roman und eindrucksvoll die Folgen des Tagebergbaus schildert: gehäuft auftretende Krebsfälle unter den Bewohnern, Unfälle durch Vernachlässigung von rechtlichen Vorschriften und Vernichtung der Natur.
Diese unheilvollen und umweltzerstörenden Vorgehensweisen der Kohlemagnaten sind keine Erfindung, sondern beruhen auf Tatsachen.

Ebenfalls existieren solche Law Clinics, von denen der Autor erzählt. Anwälte und Anwältinnen bieten kostenlos ihre juristische Hilfe an. Die Not dieser Leute und ihre korrupten Gegenspieler werden eindringlich und realistisch erzählt, sodass man am Ende am liebsten selbst Klage gegen die Korrupten dieser Welt einreichen möchte.

Ein hoch interessanter und spannender Roman, sehr lesenswert!

Anklage
John Grisham

Originaltitel: Gray Mountain

Aus dem Amerikanischen von Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter, Imke Walsh-Araya

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 512 Seiten

ISBN: 978-3-453-26909-5

Verlag: Heyne

Erscheinungstermin: 2. März 2015

John Grisham hat 22 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und ein Jugendbuch veröffentlicht. Seine Bücher wurden in 38 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia und Mississippi.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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