Stacey Kent: Summer Me, Winter You

Ihre Erscheinung weckt Erinnerungen an die junge Jean Seberg, ihre klare, fein nuancierte Stimme verzaubert. Mit über 2 Millionen verkauften Alben, fast einer halben Milliarde Streams auf Spotify und einer Vielzahl von Auszeichnungen hat sich die amerikanische Jazz-Sängerin Stacey Kent längst in die großen Jazz-Stimmen der Gegenwart eingereiht. Ihr neues Album SUMMER ME, WINTER YOU macht erneut deutlich, warum. Wie nur wenige andere Künstlerinnen unserer Zeit, versteht Kent es auch hier meisterhaft, Gefühle in einem Song zu verdichten und eine besondere intime Stimmung zu erzeugen. Ganz so, als wolle sie ihre Hörer*innen ins Vertrauen ziehen, ihnen ein streng gehütetes privates Geheimnis mitteilen. Zu ihren wunderbaren Interpretationen kommen die erstklassigen Arrangements, die ihrem Lebensgefährten, dem britischen Saxofonisten Jim Tomlinson geschuldet sind, der auf einigen Stücken mit seinem Instrument brilliert.     

Das Album umfasst insgesamt elf Songs. Drei davon sind Eigenkompositionen, die von Tomlinson in Zusammenarbeit mit dem Grammy-Preisträger Cliff Goldmacher sowie dem Nobelpreisträger Kazuo Ishiguro geschrieben wurden. Für Fans der Vokalistin dürften manche der elf Stücke wohlvertraut und neu zugleich klingen. Der Grund dafür ist, dass es sich um bewährte Evergreens handelt, die wohl seit Jahren zum Live-Repertoire der Künstlerin zählen, jetzt aber zum ersten Mal im Studio eingespielt wurden. 

Schon gleich das beschwingte Eröffnungsstück „Summer Me, Winter You“, das von der Ebbe und Flut einer romantischen Beziehung handelt, setzt mit seiner unbeschwerten, vorbildlichen Lässigkeit markante Akzente. „La Valse des Lilas“, eine Komposition von Michel Legrand, verzichtet auf die Streicher-Orchestrierung des Originals und macht aus dem Song eine feine, melancholische Jazz-Ballade, die neben dem eindringlichen Gesang durch Tomlinsons zartes, lyrisches Saxofon besticht.

Das Stück „Happy Talk“ handelt davon, wie wichtig es im Leben ist, positiv und optimistisch über Dinge zu sprechen, die man gerne tun möchte. Der vom Komponistenduo Rogers und Hammerstein für das Musical „South Pacific“ geschriebene Song wurde vor allem in seiner Version von Ella Fitzgerald bekannt. Hier erhält die ursprüngliche Musical-Nummer mit Querflöte und Saxofon angereichert betörenden lateinamerikanischen Charme.

Die Stücke „Thinking About The Rain“, „Postcard Lovers“ und „A Song That Isn’t Finished Yet“ sind Eigenkompositionen, allesamt dezente, erstklassig interpretierte Jazz-Balladen. Und Kents flehende Version von Jacques Brels „Ne Me Quitte Pas“, das auch in der englischen Fassung zu hören ist, zeigt einmal mehr, warum die polyglotte Künstlerin mittlerweile in Frankreich eine gefeierte Chanson-Sängerin ist.

Nicht nur für Fans von Vocal Jazz gehört das Album SUMMER ME, WINTER YOU von Stacey Kent eigentlich in die heimische Plattensammlung.

VÖ: 10.11.2023 beim Label: Naive Vertrieb: Believe

Standardbild
Hans Kaltwasser
Artikel: 433

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.