„Shalosh“ ist hebräisch und bedeutet „Drei“. „Shalosh“ ist außerdem der Name eines jungen israelischen Klaviertrios aus Tel Aviv, das für Nirwana, Brahms und The Bad Plus schwärmt und Jazz, Rock, Klassik und Elektronik zu einer aufregenden Klanglandschaft verbindet.
Schon für ihre beiden Vorgängeralben, „The Bell Garden“ (2014) und „Rules of Oppression“ (2017), bekamen die Musiker von der internationalen Fachkritik viel Lob. Mit onwards and upwards legen sie jetzt nach und zeigen an, wohin der Weg der Band führt: Immer weiter nach oben. Vor allem, weil die drei einen hochenergetischen Jazz spielen, der den Hörer geradezu hypnotisiert.
„Shalosh“ ist dabei mehr als eine Band, versteht sich vielmehr als kollektiver Lebensentwurf. Man komponiert und arbeitet zusammen, wohnt in enger Nachbarschaft, sieht sich fast täglich. Die persönliche Chemie stimmt ganz einfach. Was vielleicht ein Grund für das traumwandlerisch sichere, filigrane Zusammenspiel ist, mit dem sich die experimentellen Klangstrukturen und ätherischen Soundmalereien der Band entfalten.
Gadi Stern bearbeitet sein Piano mit kraftvollem, dynamischem Anschlag, versteht sich jedoch auch auf ruhige Töne. Schlagzeuger Matan Assayag agiert unglaublich facettenreich und legt gemeinsam mit dem Bassisten David Michaeli gekonnt die rhythmische Grundierung. Bei alledem adaptieren die drei jungen Musiker mit großem kompositorischem Abstraktionsvermögen und überschäumender Spielfreude den Fundus von Klassik über Jazz bis Pop, wobei sie nicht respektvoll den historischen Vorbildern folgen, sondern selbstbewusst neue eigene Wege beschreiten.
Auffällig sind die abrupten Tempi- und Melodiewechsel, die oft in einem einzigen Stück überraschen und eine spannungsreiche Atmosphäre aufbauen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Titel „After the War“, mit dem das Album eröffnet.
Der Song ist ein tiefberührendes Stück, das die Nutzlosigkeit und Absurdität des Krieges konzeptionell gelungen umsetzt. Er beginnt mit langsamen, ruhigen Klängen, in denen sich einige giftige Akkorde mischen, steigert sich dann jäh zu einer vielschichtigen, kakophonischen Ekstase, um schließlich im letzten Teil zu melancholischen Klängen zurückzufinden.
Doch auch die übrigen neun Stücke des Albums halten das hohe Niveau des Openers, so dass es ausgesprochen schwerfällt, klar einen Favoriten zu benennen. Das ruhige, besinnliche „Meditation“ etwa, bei dem David Michaeli seinen Kontrabass gefühlvoll mit einem Bogen streicht.
Oder das sanfte „Lullabye“, ein einfaches, schönes Wiegenlied, das zum Träumen einlädt. Das swingende, verspielte „Tune for Mr. Ahmad Jamal“, mit dem sich die drei vor dem US-amerikanischen Jazzpianisten und Komponisten verbeugen, fällt dagegen mit seinem verspielten, optimistischen Flair eher etwas aus dem Album heraus; der Sound der Band ist nicht gerade klassischer Piano-Jazz.
Neben den Eigenkompositionen enthält das Album auch zwei erfrischende Coverversionen, bei denen Themen und Motive immer wieder in Richtung freier Improvisation aufbrechen, ohne in den atonalen Ausbrüchen des Free Jazz zu mäandern: das als Fußballhymne bekannte „You’ll Never Walk Alone“ und den fröhlichen Popsong „Take On Me“ der norwegischen Popband „a-ha“.
Fazit: Mit ihrem Album onwards and upwards ist “Shalosh“ ein exzellentes Album gelungen, das ungestüme Attacken und lyrische Passagen, Komponiertes und Improvisiertes fein austariert und dem jazzbewussten Gourmet und offenherzigen Pop-Fan gleichermaßen gefallen dürfte.
ONWARDS AND UPWARDS SHALOSH
bei ACT
VÖ. Deutschland:24.05.2019
Foto: ACT Zohar Ron