Freiheiten von Zadie Smith – Buchtipp

Das neue Buch „Freiheiten“ der Autorin Zadie Smith versammelt Gedanken, Vorträge, Filmkritiken und Einleitungen der Autorin in Form von Essays.

Smith schreibt darüber, wie ihre veränderten Lebensbedingungen sie erfahren lassen, dass soziale und gesellschaftliche Lücken sich selbst bei bestem Willen nicht wie von selbst schließen. Dass Rassismus sich in den elitärsten und kunstvollen Ecken verstecken, und dass immer neue Zäune aufgestellt werden, die manchmal harmlos, aber zumeist dazu gedacht sind, auszuschließen.

Erinnerungen an die eigene Kindheit werden dabei immer wieder eingeflochten und bilden eine sinnvolle Ergänzung, um die persönliche Einschätzungen der Autorin zu verdeutlichen. Und Freiheiten, die keine sind oder da stecken, wo wir sie oftmals nicht vermuten.

Genial verbindet sie so zwei unterschiedliche Figuren, den Philosophen und Pädagogen Martin Buber mit dem Sänger und Mädchenidol Justin Bieber. Und es gelingt ihr, die wesentlichen Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, die bei flüchtiger Betrachtung nicht herzustellen sind.

Sie wendet sich dem Tanz zu, der eine Kunstform ebenso wie die Literatur darstellt, ein Alphabet besitzt, das eindrücklich sein kann wie eine mit Kreide auf Tafel geschriebene Botschaft oder auch flüchtig daherkommt wie ein sprühendes Feuerwerk. Festgemacht an den beiden Popstars Michael Jackson und Prince, die für ihre spezifische Tanzstile bekannt sind. Auch Filmkritiken über Filme vergangener Tage und der Gegenwart wie beispielsweise Anomalisa fehlen in dieser Sammlung nicht.

Sie deckt Inspirationsquellen für ihre Romane auf, die letzlich immer auf Begegnungen mit Menschen zurückzuführen sind, seien sie noch so kurz und mitunter absurd. Sie stammen nicht notwendigerweise aus realen Begegnungen, sondern verdanken ihr Leben anderen Autoren. Und Smiths Liebe zur Literatur, die bereits in Kindheitstagen geweckt wurde, die Zauberei, die von ihr ausgeht und niemals versiegt.

Zadie Smith entdeckt und rezensiert Romane der Schriftsteller Édouard Levé und Peter Stamm, Paula Fox und Geoff Dyer. Ihre kluge Abhandlung über die Ich-Erzählung als Erzählform eines Romans legt offen, wie anders diese in Zeiten von Blogger*innen und zahlreichen sozialen Medien zu betrachten ist.

„Freiheiten“ ist eine erstaunliche, höchst anspruchsvolle und unterhaltsame Essaysammlung, die deutlich macht, wie hinterfragens- und nachdenkenswert das Leben, der Alltag, die Gesellschaft, Kunst und
Kultur sind. Besonders, wenn ein solch scharfer, analytischer, aber auch liebevoller Blick wie der von Zadie Smith sich darauf richtet.

Entwaffnend die große Empathie, Neugierde und erzählerische Kraft der Zadie Smith. Eine sehr empfehlenswerte Lektüre.

Freiheiten – Zadie Smith

Kiepenheuer&Witsch

Aus dem Englischen von Tanja Handels
ISBN: 978-3-462-05214-5
Erschienen am: 09.05.2019
512 Seiten, gebunden mit SU

Zadie Smith, geboren 1975 im Norden Londons, lebt heute in New York. Ihr erster Roman »Zähne zeigen«, 2001 erschienen, wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, von der Kritik gelobt und ein internationaler Bestseller. Der Roman »Von der Schönheit«, 2006 erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, war auf der Shortlist des Man Booker Prize 2005 und gewann 2006 den Orange Prize. U.a. erhielt Zadie Smith im November 2016 den Welt-Literaturpreis und 2018 den Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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