Jóhann Jóhannsson war ein großer Geschichtenerzähler in der Musik, ein Visionär, der die tiefe Wahrheit von Mythen in Klänge verwandelte. Oft melancholisch in seiner Kunst, ging er zugleich der Frage nach, was es bedeutet, menschlich zu sein. In »Flight from the City – Rework« wird sie erneut gestellt. Das Stück ist heute, am 18. September 2020, bei Deutsche Grammophon erschienen und wurde von dem Pianisten Víkingur Ólafsson für Soloklavier und Elektronik neu gestaltet.
„Im März 2018, einen Monat nach Jóhanns Tod“, so Ólafsson, „traf ich mich mit unserem gemeinsamen Freund und Teamkollegen Christian Badzura, um diese improvisierte, elegische Fantasie über Jóhanns ›Flight from the City‹ aufzunehmen. Ich bin dankbar, dass sie nun in diesem beeindruckenden Video von Andreas und Lukas in einen Film übersetzt wurde.“
Das Stück inspirierte die Filmemacher Andreas Waldschütz und Lukas Rotter zu einem Video mit einer Butoh-Tanzimprovisation
Der Film, in der kargen polnischen Błędów-Wüste gedreht, zeigt die Interpretation von Jóhanns Musik in einer Butoh-Tanz-Improvisation des in Berlin ansässigen russischen Tänzers Valentin Tszin. Das Butoh-Tanztheater, eine ausdrucksstarke Sprache von Gesten und Bewegungen, entstand Ende der 1950er-Jahre. Tszin ergründet in seinem Tanz das Wesen der Metamorphose, während Waldschütz und Rotter mit innovativen Mitteln ihres Mediums – Aufnahmen durch Prismen, den Einsatz gespiegelter Bilder und Perspektivwechsel durch Drohnenaufnahmen – einen Kurzfilm geschaffen haben, der voller Symbolik des Wandels und des Neuanfangs ist.
Titelbild: Błędów-Wüste von Ukasiu – My Own camera, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1727486