Johan Leijonhufvud Trio – NIFTY FIFTY

Unter den heutigen Jazzmusikern stellt Johan Leijonhufvud eine Ausnahme dar. Anders als viele seiner Kollegen ist der schwedische Gitarrist nicht akademisch geprägt, hat weder sein Instrument noch Kompositionslehre an einer Hochschule studiert. In die erste Liga der Jazz-Gitarristen hat er es dank seiner Musikalität und seines großen Könnens auf der Gitarre trotzdem geschafft. Als Sideman vieler bekannter Musiker, darunter Till Brönner, Nils Landgren und Esbjörn Svensson, hat er sich einen Namen gemacht und die ganze Welt bereist. Daneben ist er mit seiner eigenen Band auf den großen Festivals wie dem Montreux Jazz Festival, North Sea Jazz Festival und Copenhagen Jazz Festival ein stets gern gesehener Gast. NIFTY FIFTY heißt sein neues, soeben erschienenes Album.

Fortgeschrittene Fotoamateure wissen, dass der Begriff eine umgangssprachliche Bezeichnung für ein Objektiv mit einer Standardbrennweite von 50 mm ist. Damit gelingen ohne viel Schnickschnack realistisch wirkende Aufnahmen, die die Wirklichkeit so wiedergeben, wie wir sie mit dem bloßen Auge sehen würden.    

Ohne Schnickschnack und mit viel lyrischem Charme betört dieses Albums, das den Zuhörer in eine wunderbare Landschaft voller hocheleganter, dynamischer, luftiger Melodielinien und warmer Klangfarben eintauchen lässt. Unterstützt wird Leijonhufvud dabei von zwei exzellenten Mitspielern, Johnny Åman am Bass und Niclas Campagnol am Schlagzeug. Beide haben als Sidemen zahlreicher bekannter Musiker gearbeitet.

Das Schwergewicht der Songs des Albums liegt naturgemäß auf Leijonhufvuds warmer Halbresonanzgitarre. Die boppigen Girlanden, die sie im Song „Il Lupo“ virtuos schlingt, lassen schon nach wenigen Takten die großen Vorbilder des schwedischen Musikers erkennen: Joe Pass, Kenny Burrell, Wes Montgomery und John Scofield.

Alle zehn Stücke stammen aus der Feder von Leijonhufvud. Geschrieben hat er sie in dem 200 Jahre alten Landhaus seiner Familie in Mossbystrand, wo er als Kind die Sommer verbrachte. Inspirieren ließ sich der Musiker von den ihn hier umgebenden Szenen und Objekten, die er geschickt in hocheleganten, melodiösen Kompositionen verpackte. Die kontrapunktischen Melodielinien und die sanft mit Jazzbesen gestreichelten Snare im Song „Le Onde“ lassen die Wellen erahnen, die an den feinsandigen Strand von Mossbystrand spülen.

Der Song „Sub Acer“, der mit geschmeidigen Akkordlinien und delikatem Groove des Schlagzeugs besticht, wurde unter den majestätischen Ahornbäumen im Garten geschrieben. Das hart swingende, von polyrhythmischen Drums getriebene „Firewood“ setzt gekonnt das Hacken von Feuerholz um, das für das Heizen im Winter gebraucht wird.  Und der Titel „Bopcorn“ ist eine humorvolle Replik auf einen verärgerten Blues-Gitarristen, der Leijonhufvuds rasanten Bebop-Linien einmal mit platzendem Popcorn verglichen hat.   

Mit NIFTY FIFTY ist dem Johan Leijonhufvud Trio ein vorzügliches, melodiöses, sehr luftiges Jazz-Album gelungen, das allen Jazzfreunden gefallen dürfte.

Standardbild
Hans Kaltwasser
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