Zehn wunderbare Songs von Shakespeare inspiriert

„Wenn Musik die Nahrung der Liebe ist, dann spielt weiter“ Aus: Der Widerspenstigen Zähmung

Auch mehr als vier Jahrhunderte nach seinem Tod gehört William Shakespeare zu den meistgespielten Autoren der Welt. Seine Werke befassen sich mit den großen Fragen, die sich die Menschheit seit vielen Jahrtausenden stellt, und thematisieren unsere Ängste und Sehnsüchte. Shakespeares Stücke und Sonette sind seit Hunderten von Jahren eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für andere Kunstformen wie Malerei, Grafik und Ballett.

Selbst die Rock- und Popmusik bildet da keine Ausnahme – was vielleicht nicht überrascht, da die Musik im Werk des Dramatikers eine so große Rolle spielt. Manchmal handelt es sich bei den von Shakespeare inspirierten Songs um direkte Zitate, Themen, Motive, Charaktere des Barden. Oder es sind schlicht Erwähnungen und Titel seiner Werke, die in den Texten von so unterschiedlichen Künstler wie den Beatles, Bob Dylan und Taylor Swift auftauchen. Wir haben im Folgenden zehn Songs ausgesucht, die uns besonders gut gefallen.

Taylor Swift – Love Story

Balkone, ein mahnender Vater, eine junge Liebe, die unter einem schlechten Stern steht. Taylor Swifts Lead-Single aus ihrem zweiten Studioalbum Fearless, mit der sie 2009 auf Platz 2 der US-Charts landete,enthält unverkennbar einige narrative Elemente aus Shakespeares berühmtester Tragödie ROMEO UND JULIA. Zeilen wie

„You were Romeo, you were throwing pebbles And my daddy said Stay away from Juliet“

Du warst Romeo, du hast Kieselsteine geworfen, und mein Vater sagte: ‚Halte dich von Julia fern‘

deuten auf Spannungen und Feindseligkeiten zwischen ihrem Geliebten und ihrer Familie hin. Doch anders als in der literarischen Tragödie gibt es in diesem Song nach all den Heimlichkeiten und dem schrecklichen Warten auf das Wiedersehen der beiden Liebenden ein Happy End.

Mumford & Sons – Sigh No More

Der Titel des überaus erfolgreichen Debütalbums von Mumford & Sons und dessen titel gebender Song sind Zitate aus der Komödie VIEL LÄRM UM NICHTS. Im Text des Songs wurden mehrere Zeilen aus dem Stück entnommen und umgeschrieben. In „Roll Away Your Stone“, ebenfalls auf dem Album, bezieht sich die Band zudem auf die Tragödie MACBETH. Über etwaige Plagiatsvorwürfe machte sich Sänger Marcus Mumford keine Sorgen:  „Man kann Shakespeare abkupfern, so viel man will“, sagte der britische Sänger einmal dem Evening Standard, „kein Anwalt wird dich deswegen anrufen“. Da hat er nicht ganz unrecht.

Dire Straits – Romeo and Juliet     

Inspiriert wurde Leadsänger Mark Knopfler zu diesem wunderschönen Stück aus dem Dire Strait Album Making Movies durch die Aufarbeitung seiner gescheiterten Romanze mit Holly Vincent. Die US-Musikerin hatte sich kurzerhand telefonisch von Knopfler getrennt, nachdem dieser ihr vorgeworfen hatte, seinen Namen zu benutzen, um ihre eigene Karriere zu fördern. Der Song mit dem unverkennbaren Eingangs-Arpeggio auf Knopflers Metal Gitarre handelt von der unerwiderten Liebe zwischen zwei Protagonisten.

Shakespeare hat gewiss nicht die Zeilen „Juliet says hey it’s Romeo, you nearly gimme a heart attack“ geschrieben, aber die Ähnlichkeiten zwischen der Geschichte zweier junger Liebender, die „in verschiedenen Straßen“ aufwachsen, sind offensichtlich.

The Beatles – I am the Walrus

Wer hätte gedacht, dass einer der am meisten analysierten Songs in der Geschichte der Popmusik auch einen subtilen Verweis auf Shakespeare enthalten würde. Nein, natürlich nicht den anzüglichen Knüttelvers „Oompah, oompah, stick it up your jumper“. Das ist keine Shakespeare-Zeile, sondern der Schlussteil der überdrehten, psychedelischen Dada-Collage    I AM THE WALRUS. Die Worte des Barden tauchen jedoch direkt am Ende des Liedes auf, wo u.a. zu hören ist:

„Oh untimely death…“  .“ und „Sit you down, father; rest you…“

O Tod zur Unzeit – Tod! – „Hier setzt Euch, Vater, ruht!

Die verrauschten Stimmen stammen aus einer BBC-Übertragung der Shakespeare Tragödie KÖNIG LEAR, in die sich John Lennon bei den Arbeiten am Song zufällig eingeschaltet hatte.  Er beschloss, Teile der Übertragung in den Song zu mischen, was zu unzusammenhängenden Dialogfetzen führte. 

Elton John – The King Must Die

Elton Johns düsteres nachdenkliches Stück, das den Namen Shakespeares in der Eingangszeile erwähnt, stammt aus seinem zweiten Studioalbum Elton John aus dem Jahre 1970. Es beginnt mit den dramatischen Worten

No man’s a jester playing Shakespeare, round your throne room floor, while the juggler’s act is danced upon, the crown that you once wore“                                                                                         

Kein Mensch ist ein Narr, der Shakespeare spielt, auf dem Boden deines Thronsaals, während der Gaukler auf der Krone tanzt, die du einst trugst.

Der Song besticht auch heute noch durch seinen tiefgründigen lyrischen Inhalt und seine hypnotisierende Melodie. Der Text, in dem sich Anspielungen auf verschiedene Charaktere aus Shakespeares Stücken finden, darunter Macbeth, König Lear und Julius Cäsar, behandelt die Themen Macht, Sterblichkeit und die conditio humana.  Im Kern ist das Stück eine Reflexion über die vergängliche Natur der Macht und wie sie sich auf den Einzelnen auswirkt, wenn er nach Größe strebt. 

Sting – Sister Moon  

Sting hat sich bei diesem Song von einem Gedicht Shakespeares inspirieren lassen. In ‚Sister Moon‘ gibt es die Zeile:

„My mistress‘ eyes are nothing like the sun“ 

Meiner Liebsten Aug‘ ist nicht wie Sonnenschein

Das ist ein wörtliches Zitat aus dem Sonnet #130, in dem Shakespeare die gängigen Liebesgedichte seiner Zeit gehörig durch den Kakau zieht. Sting hat es offenbar so gut gefallen, dass er sein zweites Soloalbum …Nothing like the Sun nannte. Inspiriert zu dem Song wurde Sting durch eine gefährliche nächtliche Begegnung mit einem aufdringlichen Betrunkenen, der ihm immer wieder die Frage „Wie schön ist der Mond?“ stellte. Worauf der Musiker schließlich mit Shakespeares Worten antwortete „Nothing like the Sun“ – Nichts ist so schön wie die Sonne.

Dem Betrunkenen gefiel die Antwort offenbar und er stolperte in die Dunkelheit davon. Und Sting zog daraus die Lehre, wie er in einem Interview erzählte, dass Shakespeare immer nützlich ist, um gewaltbereite Betrunkene zu beruhigen. Und sei es nur, weil es ihnen den Eindruck vermittle, man sei noch verrückte als sie. 

The Band – „Ophelia“

Trotz der funkigen Bassline und der funkelnden Bläserarrangements konzentriert sich der Text des 1975er-Hits „Ophelia“ der Folk- und Rockgruppe The Band, wie der Titel schon vermuten lässt, auf eine der tragischsten Figuren von Shakespeare. Mit dem Text:

“Ashes of laughter, the ghost is clear. Why do the best things always disappear? Like Ophelia. Please darken my door,”

 Asche des Lachens, der Geist ist klar. Warum verschwinden die besten Dinge immer? Like Ophelia Bitte verdunkle meine Tür

nutzen The Band den Wahnsinn und den letztendliche Tod der Titelfigur des Songs, um über die Neurosen einer besonders schwer zugänglichen Freundin zu sprechen. Man kann das für ein wenig übertrieben ist, aber so ist es eben.

Spandau Ballet – Through the Barricades  

Die größte Liebestragödie des Barden wird auch in „Through the Barricades“ der britischen New Romantic Band Spandau Ballet‘ wieder aufgegriffen. Er erzählt die Geschichte einer Beziehung zwischen einem Katholiken und einer Protestantin vor dem Hintergrund des unruhigen Nordirlands in den 80er Jahren. Gitarrist und Hauptsongschreiber der Band, Gary Kemp, erklärte im Interview:

„Klar, es ist ein Romeo-und-Julia-Song – zwei Menschen, die sich ineinander verlieben und verzweifelt versuchen, eine Beziehung zu führen, die eigentlich nicht erlaubt ist.“ Textpassagen wie „Hearts go to their graves“ lassen vermuten, dass dieser Song ein ebenso tragisches Ende hatte wie Shakespeares Tragödie.  

Kate Bush – Blow Away

Die britische Multi-Künstlerin Kate Bush hat diese ergreifende Ballade als Hommage an ihren Beleuchtungsdirektor Bill Duffield geschrieben, der am Eröffnungsabend der Tour of Life der Sängerin im Jahr 1979 starb. Der Song enthält eine Anspielung auf Shakespeares Tragödie Othello, mit der Zeile:

“Put out the light then, put out the light,”.

Löscht das Licht, löscht das Licht

Das Zitat stammt aus der zweiten Szene des 5. Akts, kurz bevor Othello in das Schlafzimmer seiner Frau geht und sie aus Eifersucht ermordet. In Bushs Lied hat die Zeile allerdings weniger mörderische Konnotationen. Hier berührt der Text die grundlegende Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens.

2Pac – Something Wicked 

Auch die Musik des US-amerikanische Rappers, besser bekannt unter dem Namen 2Pac, wurde von Shakespeares Werken beeinflusst. Bezüge finden sich vielleicht am deutlichsten auf seinem Debütalbum 2Pacalypse Now, das den sich wiederholenden Refrain

„Something wicked this way come, something wicked this way come…“,

Etwas Böses kommt vorbei, etwas Böses kommt vorbei

enthält.

Zitiert wird die erste Szene des 4. Aktes der Shakespeare-Tragödie MACBETH, die in einer Höhle spielt. Drei Hexen versammeln sich um einen Kessel mit brodelndem Hexentrank. Sie erwarten einen Gast, König Macbeth von Schottland, der bei den Hexen Rat sucht. Das „Böse“ in dem Zitat ist Macbeth selbst, der an dieser Stelle der Handlung bereits zum Verräter und Mörder geworden ist.

Das Gemurmel einer der unheimlichen Hexen ist inzwischen in der englischen Sprache zu einem geflügelten Wort mutiert, das ausdrückt, das man eine böse Vorahnung hat oder etwas Schlimmes befürchtet.

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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