Es ist wissenschaftlich längst belegt, Kinder und Jugendliche reagieren besonders sensibel auf ihre Umgebung. Ist sie trostlos und deprimierend, bietet sie keine Inspiration oder Anstöße für kreatives oder soziales Engagement, dann bleibt meist nur antisoziales Reagieren. So auch in Rostock-Lichtenhagen 1992. In einer verödeten Wohnsiedlung hängen die Jugendlichen herum und wissen nichts mit sich anzufangen. Tagsüber gelangweilt, harren sie der Nächte, um gegen Polizei und Ausländer zu randalieren. Auch Stefan (Jonas Nay), der Sohn eines Lokalpolitikers (Devid Striesow), streift mit seiner Clique ziellos durch die Gegend. Es brodelt, aber immer nur bis kurz vor dem Siedepunkt. Ohne Job und eine Aufgabe finden die Freunde immer nur sich selbst als Ziel kleinerer und großer Grausamkeiten. Liebe ist austauschbar, Freundschaft und Loyalität sind nur Beiwerk einer aufgesetzten Ideologie.
Auch Lien (Trang Le Hong) lebt mit ihrem Bruder und ihrer Schwägerin in der Siedlung, im sogenannten Sonnenblumenhaus, das von Vietnamesen bewohnt wird. Sie glaubt in Deutschland eine Heimat gefunden zu haben und will auch nach der Wende bleiben. Ihr Bruder dagegen plant die Rückkehr, weil er vor dem Hintergrund der wachsenden Anfeindungen um die Zukunft seiner Familie fürchtet.
Am 24. August treffen die Geschichten dieser Menschen aufeinander
Der Mob hat sich vor dem Sonnenblumenhaus versammelt. Auch Stefan, Robbie (Joel Basman) und die anderen sind unter den Randalierern. Die Krawalle eskalieren und schließlich wirft einer den ersten Molotow-Cocktail ins Haus. Die tatenlos zuschauende Menge klatscht Beifall. Am Ende dieses Tages wird sich für viele das Leben geändert haben. Dabei eint sie alle die Sehnsucht nach einer Heimat, nach Liebe und einer Alternative im Leben; nach der Möglichkeit den eigenen kleinen Traum vom Glücklichsein verwirklichen zu können.
WIR SIND JUNG. WIR SIND STARK.
Eine eindringliche Filmerzählung, die mit Feingefühl und Sensibilität dem schmalen Grat zwischen Verlust von Identität und der daraus resultierenden Flucht in eine Ideologie folgt. Mutig zeichnet der Regisseur Burhan Qurbani das Bild einer verlorenen Generation und das moralische Versagen der Gesellschaft, sich um die Menschen zu kümmern.
Dafür hat Burhan Qurbani ein starkes Schauspielerteam gefunden: in den Hauptrollen Jonas Nay, Joel Basman, Devid Striesow, Saskia Rosendahl, Trang Le Hong, Thorsten Merten sowie viele andere. Nach „Shahada“ (Wettbewerb Berlinale 2010) ist WIR SIND JUNG. WIR SIND STARK. der zweite Spielfilm von Burhan Qurbani, der das Drehbuch zusammen mit Martin Behnke geschrieben hat.
FBW-Jury vergab das höchste Prädikat „besonders wertvoll“ – wir auch!
Ab 22.1.2015 in den Kinos
Fotos. Zorrofilm