Wintergäste – Sybil Volks

Eine Insel hat etwas Magisches, aber auch Beängstigendes, denn man entkommt ihr nicht so leicht. Ähnliches könnte man auch von einer Familie sagen. Auch deren Potenzial ist magisch, kann aber auch Ängste auslösen. Enno und Kerrin bewohnen das Haus Tide auf dem Deich gemeinsam mit Mutter und Oma Inge Boysen. Aus traurigem Anlass soll der Rest der Familie kurz vor Jahresende anreisen, denn Inge liegt leblos in ihrem Bett. Doch bevor noch die Familie im Elternhaus angekommen ist, erweist sich der Tod als Irrtum. Inge Boysen lebt noch, ein leichter Schlaganfall hat sie für eine Zeit in einen todähnlichen Zustand versetzt und nun treffen nach und nach die hochschwangere Gesa mit ihrer Familie, Berit und Inka ein. Eigentlich eine willkommene Gelegenheit gemeinsam zu feiern, da die Mutter und Omi nun doch nicht gestorben ist. Doch wenn drei Generationen miteinander unter dem Dach des Elternhauses auf einer nordfriesischen Insel zusammen sind, kommen unweigerlich Gedanken an die Kindheit hoch. Träume, die man begraben musste, Feindseligkeiten und Neid drängen ans Tageslicht. Die Familie hat sich auseinander gelebt. Ob Bruder oder Schwester, Tochter oder Enkelkind, sie sind so individuell wie Schneeflocken, die plötzlich unablässig fallen, und bevor die Familienmitglieder sich wieder aus dem Staub machen können, sind die Schneeflocken zu einem Schnee- und Eissturm angewachsen. Die Welt da draußen verschwindet im Weiß, die Familie ist sich selbst überlassen, ohne Input von außen zu erhalten.

In ihrem Roman „Wintergäste“ hat die Autorin Sybil Volks das Thema Familie auf subtile Weise und erzählerisch brillant umgesetzt. Wie im wirklichen Leben folgt dem Traurigen oft bald das Komische, der Langeweile das Abenteuer und der Sicherheit Momente des Ungewissen. Sehr unterhaltsam!

Wintergäste von Sybil Volks

dtv premium
Originalausgabe
416 Seiten
ISBN 978-3-423-26080-0

Sybil Volks lebt als freie Autorin und Lektorin in Berlin. Sie hat zahlreiche Erzählungen und Gedichte in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Ihr historischer Berlin-Krimi ›Café Größenwahn‹ war nominiert für den Glauser-Preis 2008 als bestes Krimidebüt. 2012 ist ihr hochgelobter Familien- und Berlin-Roman ›Torstraße 1‹ erschienen.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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