„Alles, was du vergessen willst, kehrt zu dir zurück, es sucht dich heim, so wahrhaftig, dass du das Gefühl hast, es noch einmal zu durchleben“. So geht es auch der Protagonistin im Roman „Wiederholung“ der norwegischen Schriftstellerin Vigdis Hjorth. Insbesondere als sie zu einer jungen Frau heranwuchs, wuchs auch die Angst ihrer Mutter, die Tochter würde der Sucht verfallen, liebestoll oder vergewaltigt werden. Was macht das mit dem sechzehnjährigen Mädchen, das wie alle ihre Freundinnen ihre Jugend ausleben, einen ersten Kuss auf einer Party erleben oder sich auszuprobieren und frei sein will?
Ihre Mutter überzieht mit ihrem Argwohn und der hysterischen Angst all diese jugendliche Lebenslust bei der Tochter mit Angst und Schuldgefühlen. Sie will sich wehren, ist ihrer Mutter aber ausgeliefert, vom Vater erhält sie keine direkte Unterstützung; allein den Satz an die Mutter gerichtet, „Lass das Mädel doch in Ruh“, vernimmt die Tochter aus dem Wohnzimmer.
Ihre Gefühle schreibt sie deshalb in ihr Tagebuch und lernt so damit umzugehen. Es ist ihr Metier, die Sprache, niederzuschreiben, was sie nicht sagen kann. Auch das, was nie passieren durfte … Die Mutter findet ihr Tagebuch und liest es, ebenso wie ihr Vater und etwas löst sich, was nicht gesagt werden darf und schwebt über der Familie als drohende Wolke, kurz vor der Entladung …
In ihrem neuen Roman „Wiederholung“, der mit dem wichtigsten Literaturpreis Norwegens, dem Kritikerpreis, ausgezeichnet wurde, erzählt die Autorin Vigdis Hjorth mit berührender, kraftvoller Sprache, wie viel Macht Eltern über ihre Kinder besitzen können.
Ob unbewusst oder mit Absicht entstehen so Übertragungen und Verschiebungen nicht ausgelebter eigener Wünsche und Ängste auf die Kinder. Können sie ohne Schaden zu nehmen, diesen Kampf gewinnen, einen Missbrauch überwinden?
Erst das Lüften des Familiengeheimnisses oder die Erkenntnis darüber, lässt die Betroffenen frei. Bis dahin quält sie die Wiederholung schmerzhafter Ereignisse immer wieder, denn „Die Wiederholung ist ein unverschleißbares Kleid“ (Søren Aabye Kierkegaard (1813-1855)) und kann zu einem finsteren Raum werden. Ein sehr wichtiger Roman über Liebe, Verantwortung und Freiheit.
Wiederholung
Autorin: Vigdis Hjo
Verlag: S. FISCHER
Erscheinungstermin: 26.02.2025
160 Seiten
ISBN: 978-3-10-397690-8
Autorin: Vigdis Hjorth
Übersetzt von: Gabriele Haefs
Lesungen:
26.03.2025LBM Norwegische Literatur-Gala mit Vigdis Hjorth u.a.
Leipzig 19:30 Uhr
27.03.2025LBM Norwegische Nacht mit Vigdis Hjorth
Leipzig 19:00 Uhr
28.03.2025Lesung und Gespräch mit Vigdis Hjorth Bonn