Die sechzehnjährige Jara kann sich noch genau daran erinnern, als sie Anto das erste Mal begegnet ist. Auf dem Fußballplatz. Nicht ihre Leistungen als Spielerin waren besonders, aber wie sie die Krähe, die schwer verletzt am Fußballrand lag, schnell von ihrem Leiden erlöste. Anto besitzt dieses beeindruckend natürliche Selbstbewusstsein, das sie auch von Jara unterscheidet. Nun sind sie schon lange so etwas wie Schwestern und teilen sich nahezu alles. Bevor sie sich zu Jagdzügen aufmachen und dafür gegenseitig gestylt und mit Baseballschläger gewappnet haben, verschwinden sie fiebrig in die Nacht. Um ihre noch jugendliche Unbeständigkeit und Unsicherheit auszuleben, die sich manchmal in Wut verwandelt. Ein Gleichgewicht zu finden, das dennoch wackelig ist.
Jara bereiten überdies ihre Gedanken, die oft in schreckliche Szenarien enden, Probleme , die sie selbst Anto nicht immer verrät. Denn gerade sie löst solche Gedanken aus. Weil Anto mit ihrer Spontanität unberechenbar ist. So wie jetzt auf der alten Eisenbahnbrücke, die über die Ruhr führt und eigentlich nicht mehr benutzt werden soll. Anto, die gerade noch neben ihr saß, ist in den Fluss gesprungen, nachdem der Baseballschläger bereits dort gelandet ist und nicht untergehen will. Die beiden haben ein Autofenster damit zerschlagen, und nun schaut Jara ins dunkle Wasser, auf dem nichts mehr zu erkennen ist. Was soll sie tun? Sie verliert sich in Optionen, die sie abwägt. Hinzu kommen Erinnerungen an andere Nächte mit Anto und die Angst, sie für immer zu verlieren.
Mascha Unterlehberg gelingt in ihrem Debütroman „Wenn wir lächeln“ inhaltlich und auch formell die bewegende Zeit und Identitätssuche junger Frauen mit einer einzigartigen Poetik nachzuzeichnen. Heutzutage ist Identität zu einem inflationären Wort geworden. Vielleicht auch, weil sie tatsächlich nie so kompliziert und komplex war wie jetzt. Ihre Freundschaft macht diese Suche für beide Frauen zu einem Gewinn.
Der schillernde und kraftvoll erzählte Roman „Wenn wir lächeln“ begleitet die beiden Freundinnen auf dem Weg dahin, zu erkennen, wer sie sind und was sie wollen. Eine fesselnde Lektüre.
Wenn wir lächeln – Mascha Unterlehberg
Seiten: 256
Erscheinungstag:
11.02.2025
ISBN: 978-3-7558-0036-1
Verlag. Dumont
Die Buchpremiere findet am 12.2. um 20 Uhr
im Roten Salon der Volksbühne Berlin statt.
Moderation: Ruth-Maria Thomas