Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm

Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm des spanischen Regisseurs Jonás Trueba ist eine unaufgeregte Anti-Romkom mit philosophischem Tiefsinn.

Alle haben gedacht, Alexandra und Alexandro sind das perfekte Paar. Doch nach 14 Jahren kommt das Aus. Ale (Itasa Arana) und Alex (Vito Sanz) beschließen, getrennte Wege zu gehen und ihre Trennung mit einer großen Party zu feiern. Eine Art Hochzeit, nur eben andersherum.

Die Idee, das Ende ihrer Beziehung zu feiern, stammt von ihrem Vater, der vor vielen Jahren einmal gesagt hat, man sollte sowohl das Ende als auch den Anfang einer Ehe feiern. Als die beiden ihm von ihrem Entschluss erzählen, leugnet er jedoch die tiefere Bedeutung seiner Worte und versichert, er habe sie nur so daher gesagt.    

Das Paar erzählt seinen Freunden, Kollegen, Nachbarn, sogar dem Klempner und seinem Englisch-Privatlehrer von seiner Entscheidung, der jetzt die beiden getrennt unterrichten muss. Auf die gleiche, fast immer wortwörtlich vorgetragene Erklärung – „Wir trennen uns, aber es geht uns gut“ – reagieren alle mit Unglauben, Traurigkeit oder Ermutigung. Fast alle denken, das Paar sei verrückt geworden. Aber sie werden natürlich zu der Party kommen, die am letzten Tag des Sommers stattfinden soll.

Ale (Itasa Arana) und Alex (Vito Sanz) ©Lisbeth Salas

Paradoxerweise bringt die Vorbereitung der Trennungsparty Ale und Alex näher zusammen. Sie verstehen sich immer noch: Auf dem Flohmarkt halten sie nach kleinen Überraschungsgeschenken für den anderen Ausschau; sie können sich nicht einigen, wer aus ihrer Wohnung ausziehen soll, weil sie keine gleichwertige neue finden. Eigentlich füreinander geschaffen, sind sie zwei Hälften derselben Person. Und wir fragen uns, wie lange sie wohl brauchen werden, um das zu erkennen, oder ob sie es jemals schaffen werden.

Mit seinem Film verneigt sich Trueba auch vor den großen Filmregisseuren der Vergangenheit, allen voran François Truffaut, dessen Grab in Montmartre wir sehen, und Ingmar Bergman, der in einer Szene zitiert wird: Einer von Ales Kollegen benutzt Tarot-Karten, um die Zukunft vorauszusagen. Dabei sind die klassischen Tarot-Karten durch Fotos aus Bergman-Filmen mit den entsprechenden Filmzitaten ersetzt. 

Ale (Itasa Arana) und Alex (Vito Sanz) kommen sich näher ©Lisbeth Salas

Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm ist auch ein Film über das Filmemachen. Dabei verschwimmen oft die Grenzen zwischen Film und realem Leben und verwirren den Zuschauer. Beide Protagonisten sind im Filmgeschäft tätig, formen die Realität zu einem Kunstwerk. Ale ist Regisseurin, Alex Schauspieler. Es beginnt damit, dass sich das Paar morgens im noch gemeinsam geteilten Bett darauf einigt, dass eine Trennung eine gute Idee für einen Film wäre. Später, nach einer scheinbar realen Szene zwischen den beiden, sehen wir Ale mit ihrem Cutter bei der Arbeit an der Szene, die wir gerade gesehen haben – ein Film, in dem Alex offenbar die Hauptrolle spielt und bei dem Ale Regie geführt hat und den Schnitt übernimmt. Durch die Verwendung solcher Metaebenen gelingt es Trueba, ein narratives Labyrinth zu schaffen, das die Zeitlichkeit der Geschichte verwischt.

Letztlich führt dieses raffinierte Spiel mit filmischen Mitteln zu einer systematischen Erkundung der Idee der Wiederholung als etwas, das aus der Vergangenheit zurückkehrt und sich erneut in der Gegenwart manifestiert.

Was zählt, sagt Truebas Film, ist nicht die trügerische Ungewissheit der fluiden Erinnerung, die ein und dasselbe Ereignis mit unterschiedlichen Reinterpretationen überlagern kann. Oder ob ein Film oder gar das Leben selbst zirkulär oder linear ist, wie ein aufgeblasener Bekannter fragt, als Ale den ersten Schnitt ihres Films einigen Freunden zeigt und sie um Kritik bittet. Was letztlich zählt, ist vielmehr die beruhigende Sicherheit der ewigen Wiederholung, die der Film in seinen Szenen, Dialogen und in dem Verweis auf die Philosophie Kierkegaards verkörpert.

Fotos: ©Lisbeth Salas

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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