Und doch findet die Autorin Worte über das, was der Körper längst weiß, aber bisher unausprechlich war, wo Sprachlosigkeit herrscht. Weil die Vorherrschaft auf diesem Gebiet und zu diesem Thema der Mann innehat? Entdecken, was das eigene weibliche Begehren zu sein hat, wird komplementär durch den Mann bestimmt.
Wie Susan Sonntag sagt: „(…) das zu sein, „was der andere (Mann) will.“ Fühlen, was der andere will – schüttet das eigene Fühlen zu oder vermischt es mit dem ureigenen Gefühl. Diese Emotion, hungrig und sich dessen bewusst zu sein, ist ein wichtiger Schritt, sein Begehren zu erkennen und auszudrücken. „Ich wollte in meine Sinne eintauchen: Meinen Körper lebendig werden lassen“, so die Autorin. Sexualität als gesellschaftliches Konstrukt, das zwingt, sich „in einer Schleife der Geschlechterrollen“ zu bewegen. „Und lange ist ihr Mund stumm“ (Er) sperrt mich ein. Ich bin nichts als Stoff, in mich eingenäht.“
Wie ist Befreiung aus solchen Zwängen möglich? Ist es damit getan, die Position des Mannes einzunehmen, ja ein Mann zu werden? Offen beschreibt Katherine Angel ihre Erfahrungen mit dem Mann, der ihr Lust verschafft, manchmal zart, manchmal gewaltig. Wir haben eine Geschichte unserer Sexualität und unseres Begehrens gespeichert, unsere Fantasien, die manchmal gezähmt oder geweckt werden müssen.
Was sagt die Pornografie über das Frauenbegehren? Auch sie zeigt zumeist die männliche Perspektive. Der Feminismus ist tot, es lebe der Feminismus, der es der Frau erlaubt, selbst zu bestimmen, worauf sich ihr Begehren richtet – auch wenn es sich zwischen Dominanz und Unterwerfung hin- und herbewegt.
Als Katherine schwanger wird und abtreibt, ist sie voller Trauer, ohne sie als solche gleich wahrzunehmen. Ein unbekannter Schmerz nistet sich bei ihr ein und besiegelt scheinbar die Geschichte ihres Begehrens. Erst als sie erkennt, wie sehr sie fremde Überzeugungen und Vorstellungen geprägt haben, kann sie zurück zu ihrem allumfassenden Begehren, zurück auf der Suche nach dem Mann, der „groß genug wäre, um mich zu enthalten…“
Ungewöhnlich, lyrisch und erotisch, erzählt Katherine Angel die Geschichte ihres Begehrens und entwirft einen schillernden und manchmal beängstigenden Weg hin zur erotischen Befreiung der Frau. In Zeiten kommerzieller Nacktheit und trister Pornografie endlich ein wahrhaftiger und erotischer Roman.
Ingrid Mosblech-Kaltwasser
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Katherine Angel arbeitet an der Queen Mary Universität in London. Sie untersucht die Geschichte weiblicher Sexualstörungen und hat unter anderem Fachartikel für »The Independent« und »Prospect« geschrieben. Die Autorin lebt in London.
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Ungebändigt
– Über das Begehren, für das es keine Worte gibt
Roman, aus dem Englischen von Gertraude Krueger
(Orig.: Unmastered/A book on desire, most difficult to tell)
1. Aufl. 2013, 368 Seiten, gebunden, Prägung
ISBN: 978-3-608-50321-0
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Lesungen:
Mi 11.09 18:00
Katherine Angel
Ungebändigt
Berlin | Buchpremiere
Moderation: Ulrike Draesner
13. Internationales Literaturfestival Berlin
Haus der Berliner Festspiele
Schaperstraße 24
10719 Berlin
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