Total Hip Replacement: Bliss – CD-Tipp

Eher selten, dass sich eine Band bei ihrer Namensgebung aus dem Bereich der Medizin bedient. Die US-amerikanische Pop-Country-Rock-Band Dr. Hook & the Medicine Show ist ein Beispiel; Guido Horn und die orthopädischen Strümpfe ein weiteres. Eine dritte Band, die hierzulande noch wenig bekannt ist, nennt sich Total Hip Replacement oder auf gut Deutsch „Totaler Hüftgelenkersatz“.

BLISS heißt kurz ihr zweites Album, das dem Hörer genau das verschafft, wonach sich alle Menschen sehnen: Glückseligkeit. Für die die alten Griechen führte der Weg zu diesem Zustand über die Tugend und musste hart erarbeitet werden. Leichter macht es uns dieses sympathische Kollektiv jungen Musiker aus dem dänischen Aarhus, deren Songs viel Spielfreude versprühen und herrlich grooven.

Die musikalischen Einflüsse der Band wurzeln in Soul, Funk, Reggae und Dub. Locker schütteln die Kollaborationspartner ihre rhythmisierten Sätze aus dem Ärmel heraus und schaffen eingängige, flüssige Tracks, die unmittelbar ins Ohr gehen und die Hüften im Takt kreisen lassen. Egal, ob diese natürlich oder künstlich sind. Gitarren, Bass, Keyboards und fette Bläsersätze interagieren dabei leichtfüßig miteinander, während das Schlagzeug im One Drop pumpt und knalligen Fills den Flow ab und zu unterbrechen.

Titel wie „The Door“ und „Disconnected“ erfreuen den Hörer mit schweren Reggae-Grooves. Die Songs „Arena“ und „Lost Control“ spielen dagegen mit elektronischen Klängen und sind mit Pop-Splitter versehen, während „Lost in Thought“ und „Special“ wiederum feine Root-Reggae-Tracks sind.

Auch wenn die Musik optimistisch und fröhlich klingt und die Band auf der Bühne mit großer Spielfreude und Engagement agiert, sind die Themen der Songs ernster und kreisen um Zweifel, Angst und Hoffnung.

Zwei Fragen, die sich dem Rezensenten am Ende einer langen Hörsession stellten, waren: Ist THP-Schlagzeuger Alexander-Arlien-Søborg Dutschke womöglich ein Enkel des Studentenführers Rudi Dutschke, der nach dem Attentat auf ihn als Dozent eine Zeit lang an der Universität Aarhus arbeitete? Und: Wie kommt es, dass diese großartige Band in Deutschland noch nahezu unbekannt ist?

Während sich über die erste Frage trefflich spekulieren lässt, macht einen die zweite ratlos. Denn mit ihrem wunderbaren Album BLISS hat Total Hip Replacement ohne Zweifel das Zeug,  auch bei uns die Wände der Clubs zum Wackeln zu bringen.  

BLISS ist am 9. Oktober bei Total Hip Records erschienen

Standardbild
Hans Kaltwasser
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