Tobias Zielony arbeitet als Fotograf und Filmemacher. Er ist bekannt geworden durch seine feinfühligen Portraits von Menschen, die er mit viel Nähe, auch im Gespräch und in ihrem jeweiligen Umfeld begleitet. Diese Kontexte und Spuren fließen in seine multimedialen Installationen ein und entspannen so ein breites Netz gesellschafts-politisch Korrelationen.
Folgerichtig sind zudem auch Publikationen zu den einzelnen thematischen Werkgruppen, die Recherchen und Interviews aufnehmen, elementarer Teil seiner künstlerischen Praxis. Ebenso wichtig sind für ihn aber auch ganz grundsätzliche Fragestellungen der Bildproduktion als solche und dazu, wie Bild und Welt in Beziehung zueinanderstehen.
Die Einzelausstellung „Dark Data“ versammelt vier Werkgruppen von Tobias Zielony. Im Zentrum der Ausstellung stehen Fragen von Dunkelheit, Sichtbarkeit und Bildproduktion. Es geht um Phänomene oder Netzwerke, die wir vielleicht erst auf den zweiten Blick in den einnehmenden Portraits und Filmarbeiten wahrnehmen. Inhaltlich stehen gesellschaftliche Prozesse und politische Kontexte, die Vielschichtigkeit von Identität in der Gesellschaft sowie globaler Handel und Bedingungen von Arbeit im Fokus. Für die gemeinsam mit dem polnischen Kurator Daniel Muzyczuk (Museum Sztuki Lodz) entwickelte Ausstellung spielt die hochaktuelle politische Situation in der Ukraine und im Osten Europas eine wichtige Rolle, die in einem vielschichtigen Rahmenprogramm thematisiert wird.
In seiner Arbeit „Maskirovka“ (2017) portraitierte der Künstler die LGBTQIA+- und Techno-Szene in Kiew. Die scheinbar unschuldigen Bilder tragen heute die Last des Krieges in sich. Die durch ein Fernrohr aufgenommenen und immer wieder in digitales Rauschen aufgehenden Bilder der Videoarbeit „Hurd‘s Bank“ (2020), bilden den Hintergrund einer spekulativen Untersuchung zur Verbindung des Mordes an einer Journalistin mit dem Ölschmuggel vor der Küste Maltas.
Währenddessen basiert das aktuelle Projekt „Wolfen“ (2022) auf Recherchen zur DDR- Filmfabrik ORWO. Licht und Dunkelheit sind dabei sowohl als technische Bedingungen der Fotografie und Filmherstellung Thema als auch metaphorisch, wenn es darum geht, die Arbeitsbedingungen und globalen Wirtschaftsverknüpfungen zu sehen. Darüber hinaus wird in der Ausstellung mit „Watching TV in Narva“ (2022) eine ganz neue Arbeit des Künstlers präsentiert, mit der er sich an die Estnisch-Russische Grenze begibt und die dortigen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine im Spiegel von Medien und Propaganda verfolgt.
Letztendlich kreisen alle vier Werkserien um Fragen der Sichtbarkeit, des Verdunkelns, Verschleierns, des ans Lichtbringens, was nicht umsonst lange als Metapher für Aufklärung galt (Enlightment). Zielonys Arbeiten thematisieren den Bruch zwischen Bild und Information. Sie lassen uns nachdenken, wie Bildinformationen auch in Kontextualisierungen entstehen und loten ebenso feine Grate zwischen Fakt und Fiktion und hiermit entstehenden Möglichkeitsräumen aus.
DARK DATA ist bis 16.04.2023 zu sehen
Marta Herford – Museum für Kunst, Architektur, Design
Titelbild: Tobias Zielony, Anastasia / Secret (v. l. n. r.), 2017, aus der Serie ‚Maskirovka‘, Archivpigmentdrucke, 105 x 70 cm / 56 x 84 cm © Marta Herford, Foto: KunstArztPraxis.de