Till Brönner begeisterte im Tempodrom

Till Brönner ist immer wieder mal für eine Überraschung gut. 2010 schockte er Jazz-Puristen mit seinem poplastigen Album „At the End of the Day“. 2012 kehrte der Viersener dann mit seinem schlicht als „Till Brönner“ etikettierten Opus zum groovenden Jazz der 60er und 70er Jahre zurück, um Ende vergangenen Jahres mit seinem „Movie Album“ den Bogen zur Interpretation diverser Klassiker der Filmmusik zu schlagen. „The Movie Album“ war auch das Thema eines exzellenten Konzertes, das Till Brönner und sein 20-köpfiges Orchester am 25. Januar im gut besetzten Berliner Tempodrom gaben.
Überrascht wurde freilich auch, wer aufgrund des Konzertmottos und der mit fetzigen Bläsersätzen garnierten Deodato-Interpretation von Richard Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“, die den Abend eröffnete, noch geglaubt hatte, Deutschlands erfolgreichster Jazz-Trompeter würde das Konzert nutzen, um sein Movie-Album zu promoten. „Auch das ist Filmmusik“, stellte Brönner bei der Begrüßung der Halle lakonisch zum Opener fest und verwies alle, die noch mehr Filmmusik à la Brönner gerne hören wollten, auf die in der Lobby zum Verkauf ausliegende CD.
Nein, dieser Konzertabend ging in eine völlig andere Richtung. Brönner führte die Berliner vielmehr zu bedeutenden Stätten und Musikerpersönlichkeiten der Jazzgeschichte, die er ihnen durch kleine Anekdoten und souveräne Interpretationen genretypischer Stücke näherbrachte. Dabei schlug der Star-Trompeter gekonnt einen breiten stilistischen Bogen, der die Genres Dixieland, Bebop, Swing, Fusion, Latin Jazz und selbst Pop umfasste.
Den Ausgangspunkt der musikalischen Reise bildete zunächst der New- Orleans-Jazz. Drei mächtige Kicks auf der Bass-Drum leiteten einen zunächst langsam-getragenen Funeral March ein, der dann abrupt zum fröhlich-beschwingten, von hell strahlenden Trompeten- und Klarinettensoli geprägten Stück „Swings that Music“ von Louis Armstrong wechselte, das schließlich in einer herrlich brummelnden Posaune mündete.
Mit seiner exzellenten Version von Charlie Parkers „Moose the Mooche“ verneigte sich Brönner tief vor dem Idol seiner frühen Jugendjahre. Dabei präsentierte er das von hoher Intensität, rhythmischen Verschiebungen und rasend schnellen Tonkaskaden geprägte Bebop-Musikstück souverän mit einer kraftvoll geblasenen Trompete.
Demgegenüber zeigten Titel wie „Once upon a Summertime“ einen ganz anderen Till Brönner. Die von Johnny Mercer und Michel Legrand komponierte Musik zu dem Demy-Film „Die Regenschirme von Cherbourg“ bestach durch eine einfühlsame Trompete, die gekonnt von einem behutsamen Piano, zarten Schlagzeugspiel und Streichern untermalt wurde.
Ein weiterer Höhepunkt des Konzertabends war Brönners stilistischer Abstecher in den Latin Jazz mit einem Cuba-Medley sowie einem Gastauftritt des Kölner Jazz-Gitarristen und Sänger Peter Fessler, der mit großer facettenreicher vokaler Gestaltungskraft und einer exzellenten Akustikgitarre glänzte. Mit viel brasilianischem Flair gelang es dem Kölner, die Schönheit des Mädchens am Strand von Ipanema zu beschwören, wobei Brönner gegen Ende der Performance mit seiner Trompete erneut feine Akzente setzte.

Dass Brönner ein Wandler zwischen den unterschiedlichsten Genres ist und dabei den Jazzbegriff frei von Berührungsängsten sehr weit auslegt, wurde an diesem Abend insbesondere an einer schönen Interpretation des Popsongs „Just the Way You Are“ des US-amerikanischen Pianisten und Sängers Billy Joel deutlich. Brönners Instrumentalversion betörte die Halle mit herrlich fließend-entspanntem Spiel, wobei er mit seiner Trompete am Ende des Vortrags die höchsten Tonlagen erklomm und die sauber akzentuierten, lupenrein gespielten Töne gefühlte zehn Minuten anhielt.
Überflüssig zu sagen, dass der sympathische Jazz-Trompeter und sein exzellentes Orchester das Berliner Publikum begeisterte, das jeden Song, aber auch die Soloeinlagen mit verdientem großen Beifall bedachte und ihn am liebsten gar nicht von der Bühne gelassen hätte. Ein tolles Konzert!

Weitere Konzertdaten unter Till Brönner

Foto: Universal

Standardbild
Hans Kaltwasser
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