Thomas Azier – neues Album „Love, Disorderly“

Wer das neue Album von Thomas Azier „Love, Disorderly“ hört, dem eröffnet sich eine Klangwelt aus ungewöhnlichen Kompositionen. Faszinierend kunstvoll, voller Geräusche und Klänge kommt die Musik, verwurzelt im Irgendwo zwischen Synthpop und Industrial Ambient, daher.

Dazu der intensive Gesang, der jedoch zumeist auf ein funktionelles Minimum reduziert ist, textlich gibt es kein Narrativ, keine Stories.

Thomas Azier hat sich bei der Arbeit an seinem Album von der Realität inspirieren lassen: „Ich hab nach und nach das Interesse an Fiktionen und erfundenen Geschichten verloren – weil ich das Gefühl bekam, dass die Welt um uns herum doch viel interessanter ist. Je mehr ich lerne, desto mehr spüre ich diesen Drang, mit meiner Musik einen experimentellen Raum zu eröffnen. So landete ich bei Ansätzen, die ich früher wohl als zu formlos oder sogar als unprofessionell abgetan hätte… und ich fühlte mich immer besser damit, an Stücken zu arbeiten, die ich selbst gar nicht auf Anhieb verstehen konnte“.

Man muss dieses Album nicht verstehen, man muss es hören, denn es sind Eindrücke, Wahrnehmungen, die Thomas Azier musikalisch umgesetzt hat, die eine emotionale Wirkung entfalten.

Der Titelsong „Love, Disorderly“ hat zunächst eine verträumte Melodie, bis der verspielte Ambientsound unvermittelt von bedrohlichen Bordunklängen und wie Urschreie klingende Töne abgelöst werden.

Free from Desire“ ist ein Cover-Song der italienischen Sängerin Gala – im Text heißt es: “ My love has got no money, he’s got his strong beliefs. Freed from desire, mind and senses purified“.

Beim Track „Hold on Tight“ wecken die Bläser-Arrangements Erinnerungen an Miles‘ überirdische Klänge von „Sketches of Spain“.

Love, Disorderly“ ist ein in Album, in dessen Vordergrund eine überbordende, übersteuerte Elektronik steht. Mit den manchmal zu hörenden aggressiven synthetischen Streichern bauen sich emotionale Bilder von großer Ausdruckskraft auf.

Aziers Album „LOVE, DISORDERLY erlaubt ein Aussteigen aus der Wirklichkeit, ist jedoch von der Realität inspiriert. Ein sehr tolles Album!

Love, Disorderly – VÖ: 12.06.20 (Hylas Records)

https://www.thomasazier.com

Foto: Credit Obiblanche

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

Artikel: 3714

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.