Die Uraufführung von „Endstation fern von hier“ ist die neueste Produktion des Theaterkollektivs Pièrre.Vers und eröffnet am Mittwoch das 10. asphalt Festival in Düsseldorf. Nach „Schwarz-helle Nacht“, „Aktion: Aktion!“ und „IM PROCESS“ ist dies der letzte Teil einer Auseinandersetzung des Düsseldorfer Ensembles mit historischen Begebenheiten aus der NS-Zeit, die die Stadt Düsseldorf und ihre Bewohner:innen bis heute prägen.
Die Inszenierung beschäftigt sich mit dem Schicksal von Zwangsarbeiter:innen, die zwischen 1942 und 1945 aus Ländern wie der Ukraine, Polen, den Niederlanden oder Italien nach Deutschland deportiert wurden. In Düsseldorf mussten sie unter anderem für die Firma Duewag arbeiten, die in Lierenfeld Straßenbahnwagen baute. „Endstation fern von hier“ wird mit Unterstützung der Rheinbahn realisiert. Die Performance beginnt vor dem Stadtarchiv am Hauptbahnhof, wird in einem Sonderzug der Rheinbahn fortgesetzt und endet am Historischen Betriebshof Am Steinberg, wo die Vorstellung vor und in den ehemaligen Wagenhallen stattfindet.
Die fiktiv-autobiografische Zeitreise in die Vergangenheit löst umso drängendere Fragen für die Gegenwart aus und hinterfragt die deutsche Erinnerungspolitik: Wie kann es sein, dass es 20 Millionen Betroffene, aber im Grunde keine Erinnerung gibt? An wen wird erinnert und warum? Für welche Verbrechen wird die Verantwortung übernommen? Und welche Schicksale bleiben im Schatten des größten Verbrechens der Menschheit für immer ungehört? Den Text zu „Endstation fern von hier“ schrieb die Autorin und Dramaturgin Juliane Hendes, die gerade mit dem Förderpreis der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet wurde.
Die Vorstellungen im Rahmen des asphalt Festivals am 22., 24., 25., 26., 27., 29. und 30. Juni sind bereits ausverkauft, ggf. sind noch Restkarten an der Abendkasse erhältlich. Die Wiederaufnahme der Produktion findet beim düsseldorf festival am 4., 5., 7., 9., 10. und 11. November statt, der Vorverkauf startet am 25. Juni.
Mit „Endstation fern von hier“ beendet das Theaterkollektiv Pièrre.Vers seinen vierteiligen Zyklus „Historification – Gegenwart im Spiegel der Geschichte“, der sich mit dem zunehmenden Nationalismus in Politik und Gesellschaft auseinandersetzt. Das darauf aufbauende Konzept „Hidden HiStories“ wird sich in den kommenden drei Jahren mit den Einflüssen und Auswirkungen rechter Gewalt sowie mit aktuellen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der jüngeren Geschichte der Stadt Düsseldorf und der Bundesrepublik Deutschland befassen.
Das Theaterkollektiv Pièrre.Vers aus Düsseldorf erhält als eines von acht freien Ensembles für drei Jahre die Spitzenförderung des Landes NRW. Es steht unter künstlerischen Leitung des Regisseurs und asphalt-Festivalleiters Christof Seeger-Zurmühlen und der Schauspielerin Julia Dillmann. Das Kollektiv entwickelt seit 2012 performative, immersive Formate im öffentlichen und halböffentlichen Raum.
Fotocopyright | Fotografin: Nana Franck