Obwohl wir zu jeder Tages- und Nachtzeit Licht einschalten können, ist es doch der Wechsel zwischen Tag und Nacht und hell und dunkel, der unser Überleben sichert. Denn der Tag-Nacht-Zyklus beeinflusst viele Organismen, auch unsere Körperfunktionen. Er regelt unsere zeitliche Organisation und viele biologische Prozesse – der Schlaf wird ebenfalls dadurch beeinflusst. Die Anpassungsleistungen an zeitlich wechselnde Umgebungsbedingungen sind bei bisher allen untersuchten Lebewesen gefunden worden. Einige Beispiele sind Zellteilung, Herzschlag, Atmung, Schlaf, Winterruhe oder auch die Brunft oder der Menstruationszyklus.
Bis in die Neuzeit hinein war nicht gänzlich klar, was Licht tatsächlich ist. Da das Auge Licht sehen kann, glaubten Pythagoras und auch Euklid noch, dass „heiße Sehstrahlen“ von den Augen ausgehen. Doch anders als manche Lebewesen können wir in der Dunkelheit nicht sehen, was diese Theorie somit zunichte machte.
Wie viel Dunkelheit brauchen wir in der Nacht?
Licht und Helligkeit werden auch in unserer Kultur als positiv betrachtet und mit Klugheit und Wahrheit assoziiert, Dunkelheit und Finsternis somit eher den bösen Mächten zugeschrieben. Doch nicht nur wir brauchen diesen rhythmischen Ausgleich zwischen Tag und Nacht. Was passiert wenn er ins Wanken gerät? Hier kommt der Begriff Lichtverschmutzung ins Spiel, eine spezielle Form der Umweltverschmutzung, die durch künstliche Lichtquellen in der Nacht entsteht. Der Mangel an Dunkelheit hat zahlreiche störende Einflüsse auf Organismen. Und er hat weitreichendere Auswirkungen als gedacht. Selbst geringe Mengen künstlichen Lichts können Artengemeinschaften und ganze Ökosysteme stören.
Die in der Fachzeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society B“ veröffentlichte Sonder-ausgabe mit 16 wissenschaftlichen Studien befasst sich mit den Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf komplexe Ökosysteme, darunter Boden-, Grasland- und Insektengemeinschaften.
Wo die Lichtverschmutzung herkommt
Die zunehmende Lichtverschmutzung ist also ein drängendes Umweltproblem, aber woher stammt das Licht eigentlich? Ein großes bürgerwissenschaftliches Projekt unter Leitung von Dr. Christopher Kyba, damals Geograf an der Ruhr-Universität Bochum und am GFZ – Helmholtz-Zentrum für Geoforschung, erhellt nun diese Frage. 258 Teilnehmende haben im Jahr 2021 insgesamt 234.044 Lichter auf 3.868 einzelnen Begehungen per App registriert.
Etwas mehr als ein Licht pro Einwohner in Deutschland bleibt nach Mitternacht noch an – und Straßenlaternen sind dabei in der Minderheit. Über die Ergebnisse der Studie berichtet das Forschungsteam in der Zeitschrift Nature Cities vom 16. Juni 2025.
22 Quadratkilometer kartiert
„Unsere Teilnehmenden haben ein Beleuchtungskataster für öffentliche Räume mit einer Gesamtfläche von etwa 22 Quadratkilometern erstellt“, berichtet Kyba stolz.
Mit der eigens entwickelten „Nachtlichter“-App zählten und klassifizierten sie fast eine Viertelmillion Leuchten. Neben der Art der Beleuchtung wurden auch zusätzliche Informationen wie der Grad der Abschirmung oder die Größe der Anlage erfasst. Die Zählkampagnen fanden in 33 Gemeinden in vordefinierten Gebieten statt, die mit der Messzonen eines nächtlichen Lichtbeobachtungssatelliten übereinstimmten. Die Erhebungsorte umfassten unter anderem Stadtzentren, Wohngebiete und städtische Gebiete mit gewerblichem oder industriellem Charakter.
Schilder und Schaufenster
„Beim Vergleich dieser Daten mit den Satellitenbeobachtungen haben wir einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der gezählten Lichter pro Quadratkilometer und der vom Sensor des Satelliten beobachteten Strahldichte festgestellt“ berichtet Christopher Kyba. „Durch Hochrechnungen auf ganz Deutschland konnten wir abschätzen, dass landesweit etwas mehr als ein Licht pro Deutschem nach Mitternacht eingeschaltet bleibt.“
Straßenlaternen sind dabei in der Minderheit: In dicht bebauten Gebieten kommen auf eine Straßenlaterne etwa ein beleuchtetes Schild und ein beleuchtetes Schaufenster. Die Gruppe stellte auch fest, dass private Beleuchtung bedeutend ist: Private Fenster waren die mit Abstand am häufigsten beobachteten Lichtquellen, auch nach Mitternacht. Andere Arten von Lichtquellen, von hellen Flutlichtern bis zu sanft glühenden Türklingeln und dekorativen Lichtern in Gärten, machten etwa ein Viertel der beobachteten Lichter aus.
„Diese Ergebnisse zeigen ein erhebliches Potenzial für künftige Licht- und Energieeinsparungen in deutschen Gemeinden“, meint Christopher Kyba. „Sowohl die Energie- und Beleuchtungspolitik als auch die Forschung über die Auswirkungen von künstlichem Licht auf die Umwelt haben sich im Allgemeinen auf die Straßenbeleuchtung konzentriert. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein breiterer Ansatz, der die gesamte Beleuchtung berücksichtigt, erforderlich ist, um die Umweltauswirkungen des Lichts in den Städten zu verstehen und zu mindern.“
Wer nun besorgt ist und sein eigenes Verhalten ändern möchte, findet bei den Paten der Nacht noch weitere Informationen rund um das Thema.