Wenn wir die dynamische Welt um uns herum wahrnehmen – oder auch einen Film im Kino anschauen – weist jeder Punkt in unserem Sichtfeld unterschiedliche Eigenschaften auf, die unser Gehirn zunächst getrennt voneinander verarbeiten muss, bevor es sie zu einem kohärenten Gesamteindruck zusammenfügt.
„Seit den nobelpreisgekrönten Arbeiten von Hubel und Wiesel in den 60er-Jahren wissen wir, dass Neurone in bestimmten Modulen des visuellen Kortex auf bestimmte Merkmale eines visuellen Reizes reagieren, wenn diese isoliert präsentiert werden“, sagt LMU-Neurobiologin Prof. Laura Busse. „Doch wie das Gehirn einen natürlichen Bildfluss verarbeitet und die Aktivität dieser Neuronen zu einer komplexen Gesamtwahrnehmung zusammensetzt, ist bislang nur unzureichend verstanden“, ergänzt ihr Kollege Prof. Anton Sirota.
Ein komplexer Film ruft „eine regelrechte Symphonie von Oszillationen in verschiedenen Frequenzen, Schichten und Bereichen des visuellen Kortex und Thalamus hervor, die Tausende von Neuronen „orchestrieren“, damit sie auf kohärente Weise „zusammenspielen“.
Oszillationen sind eine Form synchronisierter Aktivität, die Gruppen von Neuronen organisiert, um Informationen zu kodieren und zu übertragen.
Die Ergebnisse der Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Neuron erschienen. Ein Trio von LMU- Neurowissenschaftlern – Lukas Meyerolbersleben, Doktorand der Graduate School of Systemic Neurosciences, unter der Leitung von Laura Busse und Anton Sirota von der Fakultät für Biologie haben ihre gemeinsame Arbeit und ihre Expertise zu visuellen Schaltkreisen und oszillatorischer Aktivität zusammengeführt.
Darüber hinaus ist diese Arbeit jedoch bedeutsam, da sie einen wichtigen Fortschritt im Verständnis des natürlichen Sehens darstellt und grundlegende Einsichten für zukünftige Gehirn-Computer-Schnittstellen liefert oder für die Entwicklung von Neuroprothesen zur Wiederherstellung des Sehvermögens, so die Forscher*innen.
Na, dann auf ins Kino und so dem Gehirn wieder ausreichend Stoff anbieten.