Susanna: Meditations On Love  

Die Liebe in all ihren Spielarten gehört zu den gängigen Themen der Popmusik. Dabei geht es häufig um den euphorischen Rausch des Verliebtseins oder die bitteren Vorwürfe nach einer gescheiterten Beziehung.

Von der Liebe handelt auch das neue Album MEDITATIONS ON LOVE der norwegischen Sängerin, Pianistin und Komponistin Susanna Wallumrød, das am 23.8.2024 erscheint. Allerdings wählt sie einen anderen Ansatz. In den zehn Songs, die das Album umfasst, erforscht sie, was zwischen Verliebtsein und Trennung passiert, welche Arbeit eine gesunde Beziehung erfordert und welche Bedingungen die Liebe zwischen zwei Menschen in etwas Giftiges verwandeln können.

Eine ausgesprochene Stärke des Albums ist seine wunderbare Instrumentierung, die Susanna in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Mitwirkenden arrangiert hat, darunter Jenny Hval, Bonnie ʻPrinceʼ Billy und der finnisch-norwegische Produzent Juhani Silvola. Oft sind es die den Songs hinzugefügten liebevollen Ausschmückungen und kleinen Eigenheiten, die sie besonders spannend machen und über die früheren Aufnahmen der Musikerin hinausheben. Da gibt es kurze Bassklarinettenphrasen, die urplötzlich aus dem Nichts auftauchen und ebenso plötzlich wieder verschwinden, oder geisterhaft anmutende Streicher. Xylophon und weiche, seidige Holzbläser, unterlegt von subtilen perkussiven Klängen der experimentellen Perkussionistin Ane Marthe Sørlien Holen, malen mal wunderbar zarte und dann wiederum durchdringende Klanglandschaften.  

Auffällig im Vergleich zu Susannas früheren Werken ist eine große Vorliebe für flotte Perkussionskadenzen und treibende Klangexplosionen, die der Zusammenarbeit mit dem Jazz-Schlagzeuger Dag Erik Knedal geschuldet sind und der Musik eine verspielte Beweglichkeit verleihen.  Der Song „Everyone Knows“ zum Beispiel paart Susannas frei fließenden Gesang mit einem klickenden, vage an den Hufschlag von Pferden erinnernden Beat. Ihr langgezogenes, tonverschiebendes „hey-ey-ey-ey“ fließt über scharfe, kantige Klangarchitekturen wie Honig auf einer Drahtskulptur. Die Musik ist viszeral, auch wenn ihr Gesang körperlos bleibt.

An anderer Stelle umrahmen prickelnde, nervöse Arrangements ihre fließenden Phrasierungen, wie bei „Big Dreams“, wo Pizzicato-Streicher, arrangiert und gespielt von Sarah-Hane Summers, wie Vögel um die Sängerin herumfliegen. Jazz-Saxophon und Klarinette der Bläser Harald Lassen und Morten Barrikmo sorgen dabei für Textur und Dissonanz.

Susannas frühe Werke waren häufig eine Zeitlupen-Melange aus Jazz, Elektronik und Folklore wie beispielsweise ihre Version des Joy Division Klassikers „Love Will Tear Us Apart“. Jetzt treiben die Arrangements die Musik mit großer Dringlichkeit an. „I Took Care Of Myself“, eine sechszeilige Miniatur, galoppiert und rast geradezu, angetrieben von einem rauschenden Synthesizer-Riff und einem rasselnden, scheppernden Schlagzeug.

Der Song „Black Heart“ wiederum erinnert in seinem bedächtigen Tempo und den düsteren, melancholisch verstörenden Untertönen deutlich an das leise Grauen von Angelo Badalamentis Arbeit an „Twin Peaks“: Schöne und bedrohliche Klänge, die unter die Haut gehen.

MEDITATIONS ON LOVE ist Susanna Wallumrøds wohl bisher intimstes und berührendstes Album, ein kühl kalkulierter Kammerpop-Slowburner, der ihre kraftvolle Stimme über verschlungene elektroakustische Rhythmen und subtile, minimalistische Jazz-Phrasen legt.

Meditations of Love erscheint am 23.8.2024 via SusannaSonata

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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