Station to Station: kostenlose Konzerte auf dem Bahnhof

Neben Durchsagen über verspätet eintreffende Züge oder Gleisänderungen sind bald auf einigen Bahnhöfen Deutschlands auch Musik und Performance zu erleben. Denn die Konzertreihe „Station to Station“ der Deutschen Bahn lädt auf fünf Bahnhöfen zu kostenfreien Konzerten ein.

Ab dem 16. September tritt ein achtköpfiges Jazz-Ensemble in Begleitung zweier Spoken-Words-Artists mit Bezügen zu Bowies Album „Station to Station“ in Karlsruhe, Ansbach, Leipzig, Braunschweig und Hagen auf. Dabei werden Auszüge aus dem Werk „Das Lied von der Erde“ des österreichischen Komponisten Gustav Mahler gespielt. Das Finale ist eine Aufführung der Originalkomposition am 25. September in der Berliner Philharmonie.

Reisen ist Stress, und die Spielorte dieser Stressbelastung sind Autobahnen, Flughäfen und Bahnhöfe. Zu einem Bahnhof will man zu oft schnell hin und noch schneller wieder weg. Weil es ein Nicht-Ort zu werden droht, eine technisch hochgerüstete Transitzone, die Lebenszeit nicht aufwertet oder bereichert. Sondern auslöscht.

Dies ist der Ausgangspunkt für Daniel Kühnel, den Intendanten der Hamburger Symphoniker, und sein im Auftrag der Deutschen Bahn entwickeltes performatives Musikprojekt „Station to Station“. Gemeinsam mit einem Ensemble von Jazzmusiker*innen, Spoken Word-Artist*innen, Tänzer*innen und bildenden Künstler*innen wagt er sich an den Ort, der Reisen oft zur Belastungsprobe werden lässt. Genau dort muss die Bühne sein für eine ästhetische Erfahrung, die das Reisen aus den Fängen des Verwaltetseins Moment für Moment herauslöst.

Gustav Mahlers symphonisches Spätwerk „Das Lied von der Erde“ erschließt sich schon beim ersten Hinhören als Vertiefung unseres Denkens, unserer Emotionalität. Eine Musik, die Menschen anspricht jenseits aller Verstehens-Ansprüche. Die man hört und erlebt wie eine Reise, wenn man Reise als aufregende, vielseitige Lebensbewegung versteht.

Deshalb ist „Das Lied von der Erde“ Anfang und Endpunkt von „Station to Station“. Das Finale bildet eine Aufführung der Originalkomposition in der Berliner Philharmonie mit den Symphonikern Hamburg unter der Leitung von Sylvain Cambreling am 25. September (Claudia Mahnke, Mezzosopran; Bryan Register, Tenor).

Dorthin führen ab dem 16. September fünf Konzerte in fünf Städten und ihren Bahnhöfen, denen theatrale Performances in den Bahnhöfen ab Anfang September vorausgehen. An jedem Ort können Reisende, Besucher:innen und Musikfans dabei sein – weder Eintrittskarte noch Vorabbuchung sind nötig. Diese einzigartigen Events kosten Interessierte keinen Cent – nur ein bisschen Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, überrascht, inspiriert und bewegt zu werden.

Die fünf Spielorte von „Station to Station“

  • Karlsruhe Hbf (16. September, 19 Uhr)
  • Ansbach (18. September, 19 Uhr)
  • Leipzig (20. September, 19 Uhr)
  • Braunschweig (22. September, 19 Uhr)
  • Hagen Hbf (24. September, 19 Uhr)
  • Finale: Berlin (25. September, 20 Uhr)

Für die Aufführungen hat Daniel Kühnel eine Art der modernisierenden Vermittlung gewählt: In jedem Bahnhof wird ein eigens zusammengestelltes Jazzkollektiv das Mahler’sche Werk in seine eigene Musiksprache übersetzen. Damit ist nicht die Nachvertonung, sondern eine eigene, aus der Improvisation heraus entstehende Interpretation als work in progress gemeint. Das Ensemble um den Jazzbassisten Haggai Cohen-Milo tritt eine klangliche Reise in Mahlers Geist an, und auf jedem Bahnhof können Reisende Zeugen dieser fortschreitenden Erkundung werden.

Wird dies das moderne Reisen zur Entspannungsübung machen? Natürlich nicht. Das Projekt „Station to Station“ soll unsere Reisekonventionen jedoch an entscheidender Stelle infrage stellen. Das kann buchstäblich im Vorbeigehen geschehen, wenn Reisende einen Klang aufschnappen, einen Blick auf eine Tanzperformance werfen. Auf diese Weise wird aus uns, den gehetzten Rollkoffer-Pushern, für kurze Zeit ein anderer, eine andere: Reisende mit wertvoll verbrachter Zeit.

„Station to Station“, gemeinsam koordiniert von der Deutschen Bahn und einem Team um Daniel Kühnel, lässt sich auch im Netz mitverfolgen. Auf Instagram, Facebook und LinkedIn berichten Haggai Cohen-Milo und sein Ensemble von ihren Reiserfahrungen. Daniel Kühnel wird das Projekt begleitend kommentieren und mit seiner Expertise ergänzen. Das genaue Programm finden Sie auf www.station-to-station.net.

Ein eigens zusammengestelltes Jazzkollektiv interpretiert Gustav Mahlers „Das Lied von der Erde“ im September an fünf deutschen Bahnhöfen.

Bildrechte/fotograf: Station to Station

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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