Ken Loachs ‚Sorry We Missed You‚ begibt sich auf die Spuren einer vierköpfigen Familie in Newcastle im Norden Englands. Der Vater Ricky Turner (Kris Hitchen), ein rothaariger, energiegeladener Mann, möchte mit seiner Familie endlich aus der gemieteten Wohnung heraus. Es soll ein eigenes Haus sein, in dem sie demnächst leben wollen. Dafür will er mehr Geld verdienen. Er heuert bei einer Firma an, die Franchising anbietet. Als selbstständiger Kurierfahrer dort ist er jedoch für fast alles selbst verantwortlich. Auch für den Lieferwagen. Doch woher so schnell das Geld dafür nehmen? Seine Frau Abby ist Altenpflegerin, macht Hausbesuche bei ihren Kund*innen und braucht ihr Auto.
Doch Ricky kann sie schließlich überzeugen, schon wegen der beiden Kinder, so argumentiert er, die bald großzügiger leben könnten, wenn er endlich mehr Geld verdienen würde.
Doch die als „traumhaft- einfach-Geld-verdienen-Methode“ zündet nicht so richtig. Denn einfach ist nichts. Und Ricky hat nicht nur mit seiner Arbeit zu kämpfen, wenig Zeit, der ständige Druck, er hat nun noch weniger Zeit für die Familie. Das macht sich bemerkbar. Der pubertierende Sohn hat Schwierigkeiten in der Schule und Abby ist ohne Auto auch langsam überfordert. Und dann wird alles noch dramatischer!
Wie kein anderer beweist der mittlerweile 82-jährige Regisseur wieder einen klaren Blick für das Alltagsleben der „einfachen Leute“ in Europa und anderswo. Loach gelingt eine intelligente Analyse: Er zeigt Menschen, die weder zu dumm, noch zu faul sind, um etwas aus ihrem Leben machen zu können. Sie sind motiviert und fleißig, reißen sich eher die Beine aus, als zu resignieren. Da ist etwas faul im System, das es sie nicht gelingen lässt, aus dem Schlamassel zu kommen.
Filme zu machen, wie Sorry We Missed You , dramatisch und mit Sinn für das richtige Timing eines sozialen Dramas in unserer postmodernen Welt, gelingt dem Regisseur hervorragend. Dabei sind seine Beobachtung und Wahrnehmung der Funktionsweise unseres Wirtschaftssystems fast dokumentarisch und doch dicht am Leben. Wie Ricky versucht, die Pannen zu umgehen und nie etwas zu vermasseln, wird zur dramatischen Textur des Films. Die neorealistische Art von „Sorry We Missed You“ macht ihn zu einem wirklich spannenden Film – berührend und wichtig.
Heute kommt er in die Kinos