Simply Red – Big Love

Rechtzeitig zum 30-jährigen Jubiläum ihres legendären Debüts „Picture Book“ melden sich Simply Red mit ihrem neuen Album „Big Love“ zurück. Ein erster Blick in die Tracklist zeigt, auf „Big Love“ gibt es keine Coverversionen. Alle zwölf Songs stammen aus der Feder des 54jährigen Rotschopfes und klingen zudem frisch und herrlich entspannt. Woran liegt’s? Möglicherweise daran, dass Hucknall nach den privaten Turbulenzen und Exzessen vergangener Jahre seine Lebensrelevanzen neu geordnet und heute Kraft und Inspiration aus seiner Familie gewinnt, wie der 54jährige Brite dem „Kulturblog“ in einem Interview kürzlich verriet. Vielleicht aber auch daran, dass Hucknall sich mit „Big Love“ endlich im Reinen ist, für was Simply Red im Jahre 2015 musikalisch steht. Schwärzer als die originalen afroamerikanischen Protagonisten der Soulmusik der 60ziger Jahre kann eine weiße Band schwerlich klingen. Also wendet sich Simply Red dem Blue-Eyed-Soul zu, jenem Genre, das dem afroamerikanischen Soul am nächsten kommt.
Daran ist auch gar nichts auszusetzen. Vor allem dann nicht, wenn es so klingt wie „Big Love“, das alle Ingredienzen vereint, die den legendären Ruhm der Band begründen: satte, elegant treibende Grooves, gekonnt akzentuierte Wah-Wah-Gitarren, funkige Drums, fetzige Bläsersätze, stimmungsvolle Streicherarrangements und nicht zuletzt Mick Hucknalls Stimme, die nichts von ihrer Prägnanz und Ausdruckskraft verloren hat.
„Big Love“ hat viele musikalische Highlights, so dass es schwer fällt, sich auf Anhieb für einen Lieblingssong zu entscheiden. Der Titelsong ist eine sanfte Ballade mit schöner Melodie, die sofort ins Ohr geht. „Daydreaming“ kommt mit einem Hauch Philly-Sound der frühen 70ziger Jahre daher. Mit dem gefühlsbetonten Song „Dad“ ist Hucknall eine liebevolle Hommage an seinen 2009 verstorbenen Vater Reg gelungen, der ihn allein groß zog. „The Ghost of Love“ wiederum weckt mit seinen wirbelnden Streicherarrangements Reminiszenzen an Barry Whites Soul Unlimited, während das jazzig-swingende „The Old Man and the Beer“ zur Abwechslung schon ein wenig schräg klingt. Songs wie „Shine on“ und „Tight Tones“ sind demgegenüber nette Abtanzer in der Art des Megahits „Fairground“ vom Album „Life“. Und wer’s dann noch mal schön melodiös und mit vielen Streichern mag, der wird bitteschön mit „Love Gave Me More“ bestens bedient.

Big-Love_CoverGehässige Kritiker mögen vielleicht einwenden, dass Simply Reds Album „Big Love“ auch im 30. Jahr ihres Bestehens keine musikalische Weiterentwicklung erkennen lässt und eigentlich alles genauso klingt, wie das, was die Band immer gemacht hat. Dieser Vorwurf ist indessen ebenso sinnvoll wie, als würde man Nick Cave und Lou Reed vorwerfen, dass sie nicht singen können. Oder man an Keith Richards Gitarrenspiel bemängeln würde, es sei extrem reduziert und bestehe bloß aus Variationen der ewig gleichen Riffs und Licks.
Den Blue-Eyed-Soul Fans Simply Red können solche Vorwürfe egal sein. Wo sie auch immer bei diesem feinen Album rein hören, sie werden garantiert nicht enttäuscht.
Herzlichen Glückwunsch zum 30. Jubiläum, Simply Red!

Simply Red “Big Love Tour 2015″

29.10.2015, München – Olympiahalle
30.10.2015, Stuttgart – Schleyerhalle
31.10.2015, Frankfurt – Festhalle (ausverkauft)
02.11.2015, Hamburg – o2World
03.11.2015, Berlin – o2World
04.11.2015, Hannover – TUI World
06.11.2015, Dortmund – Westfalenhalle
07.11.2015, Leipzig – Arena
08.11.2015, Köln – Lanxess Arena
10.11.2015, Mannheim – SAP Arena

Foto: Dean Chalkley

Standardbild
Hans Kaltwasser
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