Simon Oslender ALL THAT MATTERS

ALL THAT MATTERS ist das dritte Album des Keyboarder und Pianisten Simon Oslender als Leader, für das er eine hochkarätige internationale Spitzenbesetzung gebildet hat. Mit dem Schlagzeuger Steve Gadd und dem Bassisten Will Lee stehen zwei Musiker an seiner Seite, die seit Jahrzehnten zu den Besten ihres Fachs zählen. Doch auch der Rest seiner Band hat sich Meriten erworben. Der Gitarrist Bruno Müller, der auf vier Stücken zu hören ist, hat bereits mit Joe Sample, Randy Brecker, Wolfgang Haffner und der Jazz-Fusion-Band Mezzoforte gespielt. Der Altsaxofonist Jakob Manz, obschon erst 23 Jahre alt, hat mit Randy Brecker und der WDR Big Band für Furore in der Jazzszene gesorgt. Und Nils Landgren, der Mann mit der roten Posaune, ist unter anderem wegen seiner Zusammenarbeit mit Herbie Hancock und Eddie Harris bekannt.  

Das Album umfasst zehn Titel, allesamt von Oslender geschrieben und arrangiert. Zu den prägenden musikalischen Einflüssen des Aacheners zählen neben Jazz auch Gospel, Funk und Blues und das spiegelt sich unüberhörbar in der Musik wider. ALL THAT MATTERS klingt, als wäre es in den frühen 1970er-Jahren in den Criteria Studios in Miami und nicht in den Hansahaus-Studios im rheinischen Bonn aufgenommen worden. Der Stil ist eine liebevolle Hommage an die Jazz-Funk-Alben, die zu dieser Zeit in Mode waren. Jazz-Fans, die die Alben etwa von Les McCann aus dieser Zeit mögen, insbesondere dessen Kollaborationen mit Eddie Harris, werden unschwer Themen und Rhythmen wiedererkennen, die auch heute noch überzeugen.

Alle zehn Kompositionen sind auf hohem musikalischem Niveau. Einen „Filler“, also Songs, die man jedes Mal überspringt, wenn man ein Album hört, sucht man vergeblich. Der Klang der Aufnahme ist eher warm, er ist definitiv gut, aber er platziert die Instrumente in einer etwas unrealistischen Breite.

Bereits das erste energiegeladene Stück „In Good Hands“, eine üppige Mischung aus Jazz, Funk und R&B, das Erinnerungen an James Browns Hit „I got you (I feel Good)“ weckt, schüttelt einem die Knochen richtig durch und zeigt, wohin die Reise geht. Funkige Gitarrenriffs mischen sich mit fetten, schmierigen Orgelakkorden und einem glatten, synkopierten Schlagzeugmuster, über das Orgel und Altsaxofon dröhnen. Oslender spielt ein schnelles und flüssiges Orgelsolo, Manz‘ Alleingang auf dem Altsaxofon ist eine Offenbarung für sich.

Beim Stück „Donkey“ zeigt sich Müller als wahrer Meister der Bluesgitarre, der das Wah-Wah-Pedal geschickt einzusetzen weiß. Lee steuert derweil einen langsamen Blues-Bass-Riff bei, den Gadd mit langsamen, gleichmäßigen Beats ergänzt, während Oslenders Hammond B-3 tiefe, schwere Grooves spielt.

Der Song „Close Call“ ist eine feine Hommage an Chick Corea, den Oslender mit einem ausgedehnten Klaviersolo ehrt. Das Stück swingt ordentlich, und bei den Fills, die Gadd in der Coda spielt, fragt man sich, wie viele Hände der Drummer eigentlich hat.

„Quite Logical“ wiederum ist eine von der Oslenders Orgel dominierte Nummer, die einmal mehr die Brillanz von Gadds Schlagzeugspiel mit seiner atemberaubenden Mischung aus Akzenten, wuchtigen Attacks und filigranen Fills zur Geltung bringt.

Neben temperamentvollen, funkigen Stücken gibt es aber auch ruhigere Nummern wie zum Beispiel „Leaving Paradise“, eine berührende Ballade, bei der Oslender das melancholische Thema auf dem E-Piano und ein schwermütiges Solo auf dem Synthesizer spielt. Zudem setzt Nils Landgren hier feine Akzente mit einem eindringlichen Solo auf der Posaune.

Oder der berührende Song „True Brothers“, eine Elegie, die Randy Brecker und seinem 2007 viel zu früh verstorbenen Bruder Michael gewidmet ist. Gadd greift zu den Besen, Oslender spielt die Orgel und liefert ein gefühlvolles Solo. Der klagende Klang von Manz‘ Altsaxofon verleiht dem Stück zudem ein ergreifendes Gefühl.

ALL THAT MATTERS ist ohne Frage ein sehr gutes Album, das Oslender und seine Kollaborateure in bester Spiellaune zeigt und durch seine hervorragende Musikalität, exzellenten Arrangements und eingängigen Melodien besticht.

Am 25.10.2024 bei  2024 Broken Silence Records / Leopard

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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