„So etwas habe ich seit 52 Jahren nicht mehr gesehen“, wird Damian Hale (Ben Kingsley) sagen, als sein Bewusstsein schon längst im Körper des viel jüngeren und attraktiven Mannes (Ryan Reynolds) steckt und er eine junge Schönheit vor seinem Bett stehend betrachtet. Ja, manchmal gibt es wirklich komische und witzige Momente in diesem Thriller, bei dem es um nichts Geringeres als um die Transformation der Inhalte eines Gehirns in den Körper eines anderen geht. Im Film wird dieser Vorgang „Shedding“ genannt, und der steinreiche und erfolgreiche Damian Hale (Ben Kingsley) hält sich diese Option offen.
Er ist sterbenskrank und hat nur noch wenige Wochen zu leben. Damit sein genialer Geist nicht verloren geht und da er finanziell dazu in der Lage ist, nutzt er diese Möglichkeit.
Die Operation gelingt. Schnell genießt Hale sein neues Leben als „Edward“, das er aber fern von seinem ursprünglichen Wohnort und seiner Tochter Claire (Michelle Dockery) leben muß. Kurz vor dem Tod seines durch Krebs zerstörten Körpers wollte er sich mit Claire nochmals treffen. Die Beziehung zu ihr war eigentlich keine. Er war ein schlechter Vater, dem sein Firmenimperium wichtiger war als seine Tochter. Jetzt ist es zu spät. Doch schnell freundet er sich mit Anton (Derek Luke) an, der ihm die Gastfreundschaft von New Orleans zeigt. Edward muss ständig Tabletten schlucken, angeblich um Halluzinationen zu unterdrücken, doch in Wirklichkeit ist es etwas anderes, das ihn zwischenzeitlich überkommt, Gedächtnisinhalte, die mit einem fremden Leben zu tun haben. Er geht den Ursachen dieser Träume auf den Grund, kommt bei seinen Nachforschungen mit der alleinerziehenden Mutter Madeline (Natalie Martinez) in Kontakt. Was verbindet ihn und Natalie?
Ein nicht ungewöhnliches Thema für einen Thriller und vielleicht ein Menschentraum, das ewige Leben hier auf Erden zu erreichen. Stammzelltherapien und Transplantationsversuche zeigen, auch in der Wissenschaft träumt man davon. Dass dies nicht ohne Schwierigkeiten und wie immer, wenn lukrative Geschäfte mit im Spiel sind, nicht ohne kriminelle Handlungen vonstatten geht, zeigt dieser Thriller eindrucksvoll. Geist und Körper bilden eine Ganzheit und können nicht so einfach auseinander oder irgendwie zusammengefügt werden. Das macht der Film auch deutlich, wenngleich er insbesondere dann Fahrt aufnimmt, als der junge Damian oder Edward (Ryan Reynolds) endlich kapiert, was da passiert ist und in Action-Manier James Bond knallhart Konkurrenz macht. Rasant und mit hohem körperlichen Einsatz will er die Sache zurecht rücken….
SELF/LESS – DER FREMDE IN MIR ist deshalb auch gutes Kino, weil der Regisseur Tarsem Singh sich nicht gescheut hat, ein klassisches Thema und einen uralten Menschheitstraum als Actionthriller umzusetzen und dabei die moralische Frage in den Raum stellt, welchen Preis eine mögliche Unsterblichkeit haben könnte.
Kinostart: 20. August 2015