Die Warschauer Straße in Berlin an einem Samstag kurz vor 23 Uhr. Eine kaum überschaubare Menschenmenge ist unterwegs. Es geht nur langsam voran, auch deswegen, weil Straßenarbeiten den Gehweg stark verengt haben. Doch kurz nachdem wir in die Revaler Straße einbiegen, haben wir auch schon unser Ziel erreicht: Das Astra Kulturhaus. Umgeben von vielen zumeist alternativen Eventlocations ist es das erste Gebäude, auf das wir stoßen. Und irgendwie sieht es von draußen nicht besonders einladend aus.
Doch wir wollen unbedingt die Release-Party der jetzt erschienenen „The Electro Swing Revolution Vol. 5“ erleben und öffnen beherzt die Tür. Dahinter stehen zwei oder drei Security Leute, die uns mit dem Hinweis, die Veranstaltung beginne erst um 23:30 Uhr zunächst nicht hereinlassen wollen. Doch dann überlegen sie es sich anders und bitten uns freundlich einzutreten. Als wir dann bemerken, dass wir auf der Gästeliste stehen, sind sie noch ein wenig herzlicher.
Wir sind verabredet mit dem DJ Louie Prima, der eigentlich Johannes Heretsch heißt und neben Gülbahar Kültür die Auswahl der CD maßgeblich mit gestaltet hat, treffen aber auf Justin Fidèle, den zweiten DJ des Abends und Mitbegründer der – ich nenne sie jetzt Elektro-Swing-Bewegung. Er erzählt uns, dass sie seit 2012 so richtig in Fahrt gekommen ist und einmal monatlich im Astra-Kulturhaus eine Party stattfindet. Zudem gibt es auch Veranstaltungen im Frannzclub. Natürlich auch in Bremen, wo Gülbahar Kültür zuhause ist. Aber wir sind ja im Astra Kulturhaus und das ist schon beeindruckend, obwohl es im ersten Moment so gar nicht mit Swing in Einklang zu bringen ist. Erst als wir in den großen Tanzsaal kommen, verändert sich der Eindruck. Hier steht rechts ein langer, beleuchteter Bartresen, der die ganze Breitseite des Raums einnimmt und hübsch aussieht. Gegenüber steht die Bühne für die Live-Band, über der eine riesige Discokugel hängt. Rechts befindet sich das DJ-Pult neben einer Tür, die zum Vintage Shop mit Photo Corner und zum Hula Hoop Floor führt. Die letzten Vorbereitungen sind noch nicht ganz abgeschlossen, aber Louie Prima legt schon die ersten Platten auf.
Wir setzen uns mit einem Glas Wein auf die hübschen senfgelben Sessel, die man überall wie in der Tanzschule an den Wänden bereitgestellt findet. Es dauert nicht lange und immer mehr Frauen, Paare und Männer kommen herein – teilweise im Stil der Zwanzigerjahre gekleidet.
Plötzlich betritt eine schöne Frau in üppig roter Robe und auf Stelzen den Saal. Wenn nicht schon ihre Stelzengröße sie unübersehbar machte, so schafft es ihr blinkender Kopfschmuck. Sie begrüßt uns mit charmanter Geste und wird dabei unterstützt von einem kleinen Hofmarschall, das ist also der angekündige Walking Act.
Immer wieder fällt mein Blick auf eine kleine Leinwand, die Filmausschnitte wiedergibt, in denen heftig getanzt, geswingt und gesungen wird. Fred Astaire und andere Tanzgrößen machen uns vor, wie es geht. Allein vom Sehen lernt man’s allerdings nicht, das wissen auch die Veranstalter und bieten deswegen Swing-Tanzkurse an, die zwei Trainer vom Swing Patrol Berlin leiten. Umkreist von bestimmt 100 Lernwilligen demonstrieren sie die ersten Bewegungen, die leichter aussehen, als sie tatsächlich sind – wie ich bemerken muss. Nach einigen Trockenübungen kommt dann die Musik hinzu, und sofort macht das Ganze, auch wenn es noch nicht richtig klappt, allen Beteiligten offensichtlich Spaß.
Schon bald danach klettert die Electro Swing-Band „The Sweet Life Society“auf die Bühne und wir hören uns noch einige Stücke an, um dann den Heimweg anzutreten – es war ein besonderes Erlebnis – sehr zu empfehlen für Neugierige, die mal andere Musik- und Tanzstile erleben möchten.
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Wer mehr erfahren möchte, findet hier Infos: http://www.electroswing-revolution.de/