Ragnar Axelsson. Where the world is melting

In kargen Schwarz-Weiß-Aufnahmen fängt er die elementaren Naturerfahrungen des Menschen am Rand der bewohnbaren Welt ein und dies seit vierzig Jahren. Gemeint ist der isländische Fotograf Ragnar Axelsson. Er gehört zu den gefragtesten Fotografen des Nordens. Seit Langem beobachtet er den Klimawandel mit größter Sorge. Als 2019 die Eismasse des Gletschers Okjökull so gering geworden war, dass ihm der Gletscherstatus aberkannt wurde, waren die Folgen des Klimawandels dramatisch sichtbar geworden.

Diese und viele andere Veränderungen von Landschaften und Lebensräumen am Rand der bewohnbaren Welt sind die Ziele des Fotografen, die er bereist. So die abgelegensten und isoliertesten Regionen der Arktis, zu Inuit-Jägern nach Nordkanada und Grönland. Aber auch zu Bauern und Fischern auf Island und den Färöer-Inseln sowie zur indigenen Bevölkerung in Nordskandinavien und Sibirien.

Seine Informationen stammen direkt von den Menschen vor Ort. Er genießt deren Vertrauen. Das erlaubt ihm, Momentaufnahmen ihres Lebens zu machen und ihre Erzählungen aufzuschreiben. Er wird zum Botschafter ihrer Existenz und der sich verändernden Lebensbedingungen.

Das andere große Thema, das ihn begeistert, ist die Kraft der Elemente und die Erhabenheit der nordischen Natur. Davon zeugen seine beeindruckenden fotografischen Landschaftporträts. Mit dem Blick des Forschers und Künstlers analysiert er auch die kleinsten Naturstrukturen, die an moderne Zeichnungen eines Paul Klee oder Per Kirkeby erinnern. Die ästhetische Entscheidung für Schwarz-Weiß hält er dabei konsequent ein.

Axelssons Engagement reicht jedoch weit darüber hinaus, ausschließlich selbst als Fotograf und Journalist aktiv zu sein. Einige Fotografen, darunter der Magnum-Fotograf Paolo Pellegrin, haben ihn gebeten, sie bei ihren Projekten über den Klimawandel zu unterstützen. Axelsson, ein erfahrener Pilot, ist auch mit Ólafur Elíasson über die Gletscher in Island geflogen, als jener an seinem künstlerischen Gletscherprojekt arbeitete.

Zudem hat er die Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Michael Mann begleitet, als diese die schmelzenden Gletscher sehen wollten. Axelsson ist gut befreundet mit dem Vulkanologen Haraldur Sigurðsson. Mit ihm ist er an entlegene Orte in Indonesien und Grönland gereist, wo sie unter anderem die blauen Seen auf dem schmelzenden Grönlandgletscher untersucht haben.

Ausstellung ist den Menschen gewidmet, die vom Klimawandel stark getroffen werden

Diese Ausstellung mit begleitendem Katalog „Where the World Is Melting“, bietet einen ersten persönlichen Blick auf Axelssons Lebenswerk, das selbstverständlich noch nicht abgeschlossen sein kann. Denn hinter seinen Fotografien steht die feste Überzeugung, dass die traditionelle Kultur der arktischen Bevölkerung nicht nur im Verschwinden begriffen ist, sondern den zerstörerischen Auswirkungen größerer Kräfte wie der Wirtschaft und des Klimawandels nicht standhalten kann. Diesen Menschen, die vom Klimawandel gezwungen werden, ihre jahrhundertealte Lebensweise an veränderte Bedingungen anzupassen oder auch aufzugeben, sind Ausstellung und Katalog gewidmet.

Zurzeit arbeitet Ragnar Axelsson an einem Dreijahresprojekt, mit dem das Leben der Menschen in allen acht arktischen Staaten dokumentiert werden soll. In dieser entscheidenden Zeit, in der die natürlichen und tradierten Gegebenheiten ihrer Welt durch den Klimawandel unwiderruflich zerstört werden, legt Axelsson Zeugnis von der unmittelbaren und direkten Gefahr ab, die die Erderwärmung für ihr Überleben darstellt.

Die Fotografien Ragnar Axelssons wurden in Zeitschriften wie LIFE, Newsweek, Stern, GEO, National Geographic, TIME und Polka abgedruckt und weltweit ausgestellt. Axelsson hat sieben Bücher in verschiedenen internationalen Ausgaben publiziert.

Ragnar Axelsson. Where the world is melting

vom 15.12.2021 – 13.03.2022 zu sehen im Kunstfoyer
Versicherungskammer Kulturstiftung | Maximilianstr. 53, 80538 München
Täglich 9:30 – 18:45 Uhr | geschlossen am 24.12./25.12./31.12. | Eintritt frei | Zutritt nur mit online-Reservierung

Titelbild:

Ragnar Axelsson ©
Hunter Masuana Kristiansen, Ingelfieldfjord, Greenland, 1987

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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