Papillon – Neuverfilmung eines Filmklassikers

Die Reihe hochklassiger Filmprojekte, die US-Filmikone Steve McQueen einst ablehnte, ist ziemlich lang. Die Westernkomödie „Zwei Banditen“ gehörte dazu, ebenso wie der Thriller “Brennpunkt Brooklyn“ und der Antikriegsfilm „Apocalypse Now“. Angesichts solcher Absagen mag man sich wundern, dass und warum der Schauspieler ausgerechnet die Hauptrolle in der Verfilmung von Henri Charrières autobiografischem Roman PAPILLON annahm.

Der dänische Regisseur Michael Noer hat sich jetzt an eine Neuverfilmung des Filmklassikers von Franklin J. Schaffner aus dem Jahre 1973 gewagt, die sich hinter dem Original keineswegs zu verstecken braucht.

Papillon

Verbannt auf die Insel der Verdammten

Henri „Papillon“ Charrière (Charlie Hunnam) kann man an seinem Schmetterlings-Tattoo leicht erkennen, mit dem er seine Brust dekoriert hat. Im Paris der 1930er Jahre amüsiert sich der charmante Juwelendieb und Tresorknacker an der Seite seiner hübschen Geliebten Nenette (Eve Hewson). Doch dann wird der missratene Sprössling aus bürgerlichem Hause wegen Mordes an einem Zuhälter angeklagt, den er nicht begangen hat, und zu Unrecht zu lebenslanger Zwangsarbeit in der Strafkolonie St. Laurent in Französisch-Guayana verurteilt. Die Verhältnisse dort sind unmenschlich, das Wachpersonal brutal, korrupt und sadistisch. Die Arbeit am Tage ist anstrengend, nachts werden die Sträflinge an den Füßen angekettet. Drakonischen Strafen wie Isolationshaft und von Zeit zu Zeit öffentlich vollzogene Guillotinierungen sollen dafür sorgen, dass niemand aus der Reihe tanzt.

Henri „Papillon“ Charrière (Charlie Hunnam) und Louis Dega (Rami Malek) haben sich zusammengetan. Foto: Constantin

Auf Papillon oder Papi, wie ihn alle nennen, haben solche Praktiken indessen keine Wirkung, denn der plant seinen Ausbruch. Glücklicherweise hat er Louis Dega (Rami Malek) an seiner Seite, einen merkwürdigen, buchhalterisch wirkenden Sonderling mit großer dicker, beschlagener Brille, der wegen Geldfälschereien im großen Stil Papillons Schicksal teil und zudem einen großen Vorteil hat: Er hat Geld, viel Geld, das er genau dort versteckt, wo man es bei einem Sträfling vermuten würde. Papillon, der davon erfährt, willigt deshalb ein, gegen Cash den körperlich schwächlichen Louis vor Übergriffen durch seine brutalen Mithäftlinge zu schützen. Beide planen zu flüchten. Nach einigen missratenen Ausbruchsversuchen werden die beiden Männer auf die berüchtigte Teufelsinsel verlegt, wo Papillons unbändiger Freiheitsdrang schließlich auf eine letzte tödliche Hürde trifft…

Papillon brütet über die Chancen eines Ausbruchs. Foto: Constantin

Papillon – Neuverfilmung setzt andere Akzente

Zuschauer, die den Originalfilm von Franklin J. Schaffner kennen, werden einige denkwürdige Szenen vermissen. Die Krokodile in den Sümpfen, in die Papillion und Dega fliehen, fehlen ebenso wie die Leprakranken, von denen die Männer ein Boot kaufen. Auch scheint im neuen Film Papillon das Überleben der jahrelangen Isolationshaft, zu der er verurteilt wird, eher seiner körperlichen Stärke als seiner mentalen Resilienz zu verdanken. Schaffners filmische Adaptation des Romans lebt zudem in weiten Teilen vom Gegensatz seiner Hauptfiguren: hier der von McQueen gespielte kraftvolle, stoische unbeugsame Papillon, dort der von Dustin Hoffman dargestellte schmächtige Sonderling und Meisterfälscher-Filou Dega. In der Neuverfilmung ist dieser Kontrast nicht ganz so ausgeprägt, Noer verschiebt stattdessen den Fokus auf die Dynamik der Beziehung zwischen den beiden Männern, die zunächst nicht wissen, ob sie einander vertrauen können, und schließlich zu engen Verbündeten werden, die das gemeinsame Interesse haben, den unmenschliche, grausamen Verhältnissen des Straflagers zu entkommen. Im Laufe der Jahre wächst eine Freundschaft zwischen ihnen, die selbst den stärksten Erprobungen standhält: Aus ursprünglicher wechselseitiger Belauerung erwachsen echte Emotionen, gegenseitige Wertschätzung und menschliche Bindungen. Das ist fein beobachtet und filmisch gut umgesetzt.

Näher an der literarischen Vorlage

Dessen ungeachtet mögen manche fragen, ob es wirklich notwendig war, diese Überlebensgeschichte neu zu verfilmen, wo Schaffners Originalfilm doch den unbestrittenen Ruhm eines legendären Klassikers besitzt. Für Noers Version spricht zunächst, dass er den Mut hatte, das mit fast 150 Minuten überlange Original zu kürzen, wo es unnötig aufbauschte. Auch sind die Bilder, die Hagen Bogdanskis Kamera vom grausamen Lagerleben einfängt, gewaltiger und aufwühlender. Schließlich ist der Neuverfilmung zugute zu halten, dass sie näher am Roman ist. Im Nachspann werden umfassende Erläuterungen gegeben, die Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Begebenheiten zerstreuen sollen. Charrière selbst hat hierzu eingeräumt, dass die Geschichte, die er seinem Verleger seinerzeit verkaufte, die Erfahrungen verschiedenen Männer umfasste. So ist Michael Michael Noers Verfilmung des literarischen Stoffes der überzeugende Versuch einer Annäherung an den Menschen Papillon, statt an dessen Mythos.

Ab heute in den Kinos

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Standardbild
Hans Kaltwasser
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