Oliver Mascarenhas spielt Guldas Violinkonzert // CD-Tipp

Der im Jahre 2000 verstorbene Pianist und Komponist Friedrich Gulda hat mit seinen Interpretationen der Werke von Mozart, Beethoven und Bach bis heute gültige Maßstäbe gesetzt. Viele kennen den Wiener darüber hinaus als Enfant terrible der Klassikszene der Nachkriegsjahre, der in seinen Konzerten gern auch einmal Jazz und Rock spielte. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das „Konzert für Violoncello und Blasorchester“ aus dem Jahre 1981, das schon gleich bei seiner Uraufführung ein großer Erfolg war. Das Werk ist eine aufregende Melange aus Jazz, Rock und Romantik, bei der selbst alpenländische Blasmusik nicht fehlt und Cello mit Blasorchester kombiniert wird und zudem mit Schlagzeug und E-Gitarre besetzt ist.

Dieser charmante Mix aus Volksmusik, Jazz und Klassik bildet den Schwerpunkt des Debütalbums des hochvirtuosen Cellisten Oliver Mascarenhas. Begleitet wird er vom Bläserensemble der NDR-Radiophilharmonie unter Leitung von Gerd Müller-Lorenz.

Mit Gulda teilt Mascarenhas die Lust am Überschreiten von Genregrenzen.  Nur klassische Musik zu machen, kommt für ihn nicht infrage. Neben seiner Arbeit beim Orchester hat er Projekte ins Leben gerufen, in denen Klassik auf Jazz, Pop und  Hip-Hop treffen.

Guldas fernab der üblichen stilistischen Wege angesiedelte „Konzert“ ist sehr schwer zu spielen. Vom Cellisten wird allerhöchste Virtuosität verlangt, die sich mit scheinbar einfach gestrickter volkstümlicher Blasmusik und kraftvollem Jazzrock verbindet. Die Balance zwischen allen musikalischen Parametern und Akteuren muss stimmen. Ansonsten droht der sanfte Klang des zart wirkenden Cellos leicht durch den brachialen Klang des Orchesters erdrückt zu werden.

Die NDR-Radiophilharmoniker meistern diese Aufgabe mit großer Bravour und fördern dabei mühelos den humorvollen, mit einem Augenzwinkern garnierten Charakter des Stücks zutage. Mascarenhas brilliert dabei als hochvirtuoser Cellist, der mit großer Leidenschaft, Spiellust, Ideenreichtum und Eleganz die Stücke meistert. Dies wird vor allem im 3. Satz, dem Herzstück des Cellokonzertes, deutlich, der voll Ruhe und Innigkeit beginnt, jedoch jäh in einen wahren Hexenritt auf den Saiten des Cello umschlägt.  Im letzten Satz, dem „Finale alla marcia“, der die Atmosphäre eines Volksfestes verströmt, unterstützt Mascarenhas das Bläserensemble mit frischem und ungestümen Spiel.   

Als feinsinniger Interpret erweist sich der Cellist zudem bei drei Stücken des russischen Jazzpianisten Nikolai Kapustin, die sich an das „Konzert“ anschließen. Vier bislang unveröffentlichte Jazz-Standards, die Gulda 1958 beim NDR eingespielt hatte, runden gleichsam als Bonustracks das exzellente Album ab.

Das Album ist bereits im Februar beim Label dreyer gaido  erschienen.

Ab 7. Mai 2021 wird es bei allen gängigen Streaming-Portalen verfügbar sein.

In der Mediathek des NDR ist Guldas Konzert für Cello und Blasorchester zu sehen

Standardbild
Hans Kaltwasser
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