Eine Tasche mit viel Geld beeinflusst im Roman „Nacht in Damaskus“ das Leben verschiedener Menschen, die in irgendeiner Weise mit ihr in Berührung gekommen sind. Zunächst ist es der junge Ingenieur Dschawad. Er fand sie, als er an einem arbeitsreichen Tag nochmals in sein Büro kommt. Er hat zwei Jobs, um nicht nur sich, sondern auch seine Geschwister und seine Mutter versorgen zu können. Als er das Büro seines Chefs Aiman betritt, sitzt er gerade so in seinem Bürostuhl, als ob er ein Nickerchen machen würde Doch Aiman schläft nicht. Er ist tot und unter seinem Schreibtisch steht eine mit viel Geld gefüllte Tasche. Dschawad nimmt sie an sich und sieht plötzlich seine Träume wahr werden. Seine Liebe gilt Lamis, die auffallend schöne und ambitionierte junge Frau arbeitet als Sekretärin bei Aiman. Doch bisher war eine gemeinsame Zukunft mit ihr wegen seiner engen Wohnverhältnisse in weite Ferne gerückt.
Doch mit der Geldtasche beginnen auch die Probleme, und die Angst, die ohnehin die meisten Menschen in Syrien begleitet, potenziert sich nochmals. Denn obwohl die Polizei und die Erben keine Kenntnis von dieser Geldtasche haben, ist sie plötzlich aus Dschawads Zimmer verschwunden. Polizei und Geheimdienst verdächtigen seinen Neffen Adil, dessen Name Dschawad durch Folter und Vernehmungen geschwächt erwähnt.
Adil ist jedoch verschwunden. Er und eine große Anzahl von Aktivisten, ermutigt durch eine Welle von Protesten, die viele arabische Länder im Nahen Osten erfasst hat, wollen ihr Land von der Terrorherrschaft des Assad-Regime befreien. Dschawad, der weiterhin von der Geheimpolizei überwacht, wird. gelingt gemeinsam mit Lamis die Flucht aus Syrien. Doch dann taucht die verschwundene Geldtasche plötzlich wieder auf …
Mit orientalischer Erzählkunst führt der Autor Shukri Al Rayyan die Leser*innen in seinem Roman „Nacht in Damaskus“ durch den gefährlichen Dschungel der syrischen Gesellschaft, die sich im Jahre 2011 in einem Zustand perfider Machtverhältnisse befindet und bei der Bevölkerung zu Angst und Ohnmachtsgefühlen geführt hat. Misstrauen, Manipulation und Eigennutz prägen die Eliten und lassen die Menschen in Unsicherheit zurück. Syrische Aktivist*innen versuchen mit Protestaktionen und Demonstrationen diesem Regime ein Ende zu bereiten.
Lebensfreude und die Suche nach Glück lassen sich jedoch nicht gänzlich bezwingen. Deshalb erzählt der Roman „Nacht in Damaskus“ auch von der Suche nach Freude und Trost in einem maroden politischen System. Sensibel und mit einer Prise Humor gelingt dem Autor ein beindruckendes Porträt und eine Chronik des seit 2011 dauernden Bürgerkriegs in Syrien. Insbesondere jetzt unbedingt lesenswert!.
Nacht in Damaskus von Shukri Al Rayyan
ISBN 978-3-906907-91-8 | Verlag Edition Bücherlese