Es gibt viele inspirierende Frauen in der Geschichte der Bluesmusik. Eine von ihnen ist Big Mama Thornton, die „Mutter des Rock ,n‘ Roll“. Heute vor 40 Jahre starb sie im Alter von 57 Jahren.
Thorntons Leben und Karriere sind ein Spiegelbild der Probleme und Herausforderungen, die der Rassismus für afroamerikanische Musikerinnen und Musiker mit sich brachte. Sie waren vom leidenschaftlichen Kampf einer starken Frau geprägt, die fest entschlossen war, ihrem Talent trotz eines ihr nicht gewogenen Musikbusiness Gehör zu verschaffen.
Geboren wurde Willie Mae Thornton am 11. Dezember 1926 in Montgomery, Alabama, als Tochter eines strengen Baptistenpredigers und einer Kirchensängerin. Ihren Spitznamen „Big Mama“ erhielt sie wegen ihrer beeindruckenden Statur, ihres kraftvollen Gesangsstils und ihrer enormen Bühnenpräsenz. Wie viele Bluesmusikerinnen ihrer Zeit waren Gospel und Spirituals, die sie in Kirchenchor sang, ihre ersten prägenden musikalischen Einflüsse.
Schon früh verließ Thornton ihr Elternhaus, als sie sich mit gerade einmal 14 Jahren der „Hot Harlem Review“, einem turbulenten, muszierenden Wanderkabarett anschloss. 1948 zog es die aufstrebende Musikerin nach Houston, um in der vibrierenden texanischen Musikszene eine Karriere als Sängerin zu starten. Ihr Management versuchte sie mit mäßigen Erfolg als neue Bessie Smith zu vermarkten.
Wegbereiterin des Rock ‚n‘ Roll
1953 nahm die Blues-Shouterin mit „Hound Dog“ nicht nur ihren größten Hit auf, sondern leistete einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Rock’n’Roll. Der Song über einen notorischen Fremdgeher stand sieben Wochen lang auf Platz 1 der Billboard-R&B-Charts und verkaufte sich zwei Millionen Mal. Reich machte sie das Stück nicht, für das sie lediglich 500 US-Dollar kassierte. Drei Jahre später feierte der weiße US-Musiker Elvis Presley mit seiner schnelleren, von allen schlüpfrigen Anspielungen des Originals gereinigten Version seinen Durchbruch und verkaufte 10 Millionen Schallplatten.
Janis Joplin war einer ihrer größten Fans
1965 reiste Thornton im Rahmen des American Blues Folk Festival nach Europa und nahm 1969 ihr erfolgreichstes Album „Stronger than Dirt“ auf. Ihre steigende Bekanntheit verdankte sie jedoch einem anderen, kuriosen Umstand. Anfang der 1960er-Jahre schrieb Thornton den Song „Ball ‚n‘ Chain“, eine ergreifende Ballade über die Abhängigkeit einer liebenden Frau von ihrem Mann und wütendes Kampflied wider die zweigeschlechtliche Ehe zugleich. Ihr Label beschloss aber wohl wegen der schwindenden Popularität des Blues, den Song nicht zu veröffentlichen. Janis Joplin, ein bekennender Fan von Thornton, hörte den Song in einem Blues-Club in San Francisco, coverte ihn mit Thorntons Erlaubnis bei ihrem berühmten Auftritt auf dem Monterey Pop Festival 1969 und veröffentlichte ihn anschließend auf ihrem Album CHEAP THRILLS. Die Songschreiberin selbst erhielt keine Tantiemen, da das Label die Rechte am Song besaß. Immerhin wurde Thornton von Joplin als Zeichen des Respekts und des Dankes eingeladen, als Vorgruppe bei ihrer Tournee aufzutreten.
Exzessiver Lebensstil fordert Tribut
In den 1970er Jahren forderten die stressigen Tourneen und ein unmäßiger Alkoholkonsum ihren Zoll. Zwar trat Thornton auch weiterhin auf, tourte 1972 durch Europa, feierte gar bei bedeutenden Jazzfestivals wie dem Newport Jazz Festival 1973 an der Seite von Muddy Waters und B.B. King Erfolge. Und Im gleichen Jahr veröffentlichte sie ihr Gospelalbum SAVED, mit dem sie zu ihren musikalischen Wurzeln zurückkehrte.
In den folgenden Jahren verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Musikerin zusehends. Videoclips kurz vor ihrem Tod zeigen eine zerbrechliche, vorzeitige gealterte Frau. Der einst 115 Kilo schwere Körper der 180 cm großen „Big Mama Thornton“ war drastisch abgemagert. Am 25. Juli 1984 starb sie schließlich an den Folgen von Leber und Herzproblemen.
Bleibendes Vermächtnis
Ihr Vermächtnis aber ist weitreichend und bleibend: das Erbe bahnbrechender Bluessängerinnen wie Ma Rainey, Bessie Smith und Memphis Minnie überträgt sie in den Rock ‚n‘ Roll. Blues- und Soulsängerinnen wie Aretha Franklin und Janis Joplin bereitete sie den Weg. 1984 wird sie in die Blues Hall of Fame aufgenommen und ihr Blues Howler „Balls ‚n‘ Chains“ schafft es in die Liste der „500 Songs That Shaped Rock ‚n‘ Roll.