MICHEL PORTAL neues Album MP85

Mit seinem neuen Album, dem ersten seit zehn Jahren, feiert der französische Saxofonist Michel Portal gleichzeitig seinen 85. Geburtstag: MP85. Portal ist eine Eminence grise der zeitgenössischen Musikgeschichte. Als renommierter klassischer Solist machte er sich bereits früh einen Namen mit seinen wegweisenden Interpretationen der Musik von Luciano Berio, Pierre Boulez, Mozart und Piazzolla. Drei Césars für den besten Soundtrack gewann er als Filmkomponist. Und als Jazzmusiker mit eklektischer Karriere spielte er mit vielen Jazzgrößen wie Dizzy Gillespie, Jef Gilson, Anthony Braxton und Joachim Kühn zusammen.

Für MP85 hat sich der Franzose vier exzellente Mitstreiter ins Studio geholt, mit denen er bereits vor gut zwei Jahren beim Europa Jazz Festival in Le Mans auf der Bühne gestanden hatte:  den kroatischen Pianisten Bojan Zulfikarpašić, besser bekannt als Bojan Z;  den französischen  Kontrabassisten Bruno Chevillon; den belgischen Schlagzeuger Lander Gyselinck und den deutschen Posaunisten Nils Wogram.

Das Album umfasst zehn Kompositionen, von denen die meisten aus der Feder von Michel Portal stammen.  Für Portal ist MP85  dabei so etwas wie eine Rückkehr zum eigentlichen Wesen der Musik, die nach seinen eigenen Worten in der Freude am Austausch und Teilen besteht. Genau davon liefert das Album ein eindrucksvolles Zeugnis. Hier agieren Musiker, die sich großzügig gegenseitig Raum zur persönlichen Entfaltung lassen und in ihrem Zusammenspiel doch zu einer großen Geschlossenheit finden.

Die maßgeschneiderten Arrangements sind ausgefeilt und mit enormer Energie aufgeladen. Portals Spiel verbindet Lyrik, Virtuosität, Romantik und Kraft.  Zulfikarpašićs ist an den Tasten mal explosiv, mal bezaubernd, Chevillon bearbeitet seinen Kontrabass subtil, mit unglaublicher Genauigkeit. Nils Wogram kombiniert schillernde Technik mit makelloser, phantasievoller Phrasierung, die immer wieder einen Bogen schlägt und für Überraschungen sorgt. Und Gyselinck an den Drums brilliert mit einer fein nuancierten Klangpalette und großer rhythmischer Subtilität und Präzision.

Das eingängige, tanzbare Eröffnungsstück „African Wind“ ist eine einfache Melodie, die zum Mitsummen anregt. Portal gelingt es hier, dem Ganzen mit sanften Klangfarben eine persönliche Note zu geben.

„Full Half Moon“ ist ein melancholisches Stück voller schwermütiger Balkanklänge. Portals Bassklarinette geht in eine freie Improvisation über, regt Wograms klangmächtige Posaune dann zu einem vernichtenden Solo an.

„No Hay“, das vielleicht seltsamste Stück des Albums, ist ein spannender Hybrid aus Jazz-Fusion, Bebop, Rock mit einem Hauch von Electronic Pop.

Der Track „Mino-miro“ verführt mit seinem tiefschwarzen, sanft beginnenden, dann immer drängender werdenden Eingangsriff des Kontrabasses, dem ein luftiger Refrain des Klaviers folgt. Dann erhebt sich die Klarinette zu vorlauten Balkanklängen, während die Posaune ihr Solo im Blues erdet.

Die enorme Vielfalt an Klangnuancen und musikalischen Einflüssen kennzeichnen dieses exzellente Album in besonderer Weise. An einigen Stellen schürt Gyselincks Schlagzeugspiel das Feuer und gibt mit seinem Drive dem musikalischen Geschehen einen zusätzlichen Schub.

Am Ende des Albums präsentiert Portal eine fesselnde Version des alten baskischen Liedes „Euskal Kantua“, bei dem der Klang seiner Bassklarinette dem Stück gar eine überirdische hymnische Qualität verleiht. Das ist Jazz auf höchster Kunst- und Genussstufe.

Tracklist:

  1. African Wind
  2. Full Half Moon
  3. Armenia
  4. Jazzoulie
  5. Mino-Miro
  6. Split the Difference
  7. Desertown
  8. No Hay
  9. Mister Pharmacy
  10. Euskal Kantua

Das Album Michel Portal – MP85 ist heute beim Label Bleu erscheinen.

Standardbild
Hans Kaltwasser
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